Dutzende Sarkophage nahe Kairo entdeckt

  • Jan Kuhlmann, Johannes Schmitt-Tegge und Sally Kandil
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Antikenministerium in Ägypten spricht vom bedeutendsten Fund des Jahres: In der Totenstadt Sakkara bei Kairo haben Archäologen erneut Dutzende gut erhaltene Sarkophage aus altägyptischer Zeit entdeckt. Insgesamt handele es sich um mehr als 100 Särge, die geschlossen gewesen seien, sagte der ägyptische Antikenminister Chalid al-Anani. Zu dem Fund zählten auch rund 40 Statuen. Damit hat die Nekropole Hoffnungen auf weitere spektakuläre Entdeckungen geweckt.

Dem Minister zufolge stammen die Särge aus der Spätzeit des Alten Ägypten vor rund 2500 Jahren und der nachfolgenden ptolemäischen Zeit. Ägypten hatte in diesem Jahr bereits zweimal spektakuläre Funde in Sakkara bekannt gegeben. So berichtete Al-Anani Anfang Oktober über den Fund von insgesamt 59 Särgen in sehr gutem Zustand, die ebenfalls seit etwa 2500 Jahren verschlossen gewesen waren.

Dem Minister zufolge können die Archäologen an dem Ort auf weitere Entdeckungen hoffen. »Sakkara hat erst rund ein Prozent von dem freigegeben, was dort verborgen ist«, sagte Al-Anani. »Wenn wir weiterarbeiten, ist zu erwarten, dass wir weitere Gräber von Menschen und Tieren finden.« Die Ausgrabungen seien noch lange nicht beendet. Jede Grabkammer gebe den Weg frei für den Zugang zu einer weiteren.

Sakkara liegt am Nil etwa 30 Kilometer südlich von Kairo und diente in pharaonischer Zeit als Friedhof und Pilgerstätte für die Hauptstadt des Reiches Memphis. Die bei Touristen beliebte Sehenswürdigkeit zählt zum Unesco-Weltkulturerbe. Die Pyramiden von Sakkara gelten als ein »großes Meisterwerk architektonischen Designs«, wie die Unesco schreibt. Dort liegt auch die berühmte 5000 Jahre alte Stufenpyramide von Pharao Djoser.

Ausgestellt werden sollen die nun entdeckten Särge unter anderem im Großen Ägyptischen Museum, das derzeit an den Pyramiden von Giseh gebaut wird. Es soll nächstes Jahr für Besucher öffnen und nach Angaben der Betreiber die dann größte archäologische Sammlung der Welt beherbergen. Die Fundstücke wurden am Samstag feierlich präsentiert. Einer der Särge wurde von den Archäologen geöffnet. Darin befand sich eine Mumie, die in ein Grabtuch gehüllt und mit bunten Hieroglyphenbildern geschmückt war. Die Sarkophage gehörten den Angaben zufolge ranghohen Beamten, die in der Spätzeit (700 bis 300 vor Christus) und der ptolemäischen Zeit (323 bis 30 vor Christus) im Alten Ägypten gelebt hatten.

Zwei Holzstatuen wurden im Grab eines Richters aus der sechsten Dynastie gefunden, wie der Leiter des Obersten Antikenrats, Mustafa al-Wasiri mitteilte. Die Statuen stellen möglicherweise Familienmitglieder des Verstorbenen dar. Die Schönheit der Objekte zeige sich »an der Feinheit der Augenbrauen, des Schnurrbarts und der Wimpern«, schwärmte al-Wasiri. Eine weitere Entdeckung in Sakkara soll im Dezember oder Anfang des kommenden Jahres bekannt gegeben werden. Die Archäologen hoffen, in der Region auch eine antike Sarg-Werkstatt zu finden. »Wir erwarten, dass sie sich irgendwo in der Nähe der Grabschächte befindet«, sagte al-Wasiri.

Für das auch bei deutschen Urlaubern beliebte Reiseland spielen die Entdeckungen eine wichtige Rolle. Die antiken Schätze locken üblicherweise Touristen aus aller Welt und bescheren der ägyptischen Regierung wichtige Einnahmen. Die Tourismusbranche hat wegen der Corona-Pandemie aber stark gelitten. In Ägypten wurden mehr als 110 000 Infektionen mit dem Coronavirus gemeldet.

Bei ihren Enthüllungen überschreiten die Experten nach Ansicht von Kritikern teilweise ethische Grenzen. So öffneten Experten zur Präsentation der Funde am Samstag nicht nur Holzsärge, sondern zeigten auch die Röntgenaufnahme einer Mumie. Kritiker betrachten solche Darstellungen der Sarkophage aus religiösen Gründen oder wegen historischer Missstände als pietätlos. Sie argumentieren, dass die Ruhe der Toten gestört werde, um die Neugier von Wissenschaftlern zu stillen. dpa/AFP

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