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Eigentum ist Diebstahl
Simon Poelchau über das Urteil zur Vattenfall-Klage zum Atomausstieg
Will man zusammenfassen, was das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Klage von Vattenfall wegen des Atomausstiegs nach Fukushima für die Natur und Allgemeinheit bedeutet, dann fallen einem eigentlich nur drei berühmte Worte ein, die der französische Philosoph und Vordenker des Anarchismus, Pierre-Joseph Proudhon, prägte: »Eigentum ist Diebstahl!«
Natürlich kann man einwenden, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre jeweiligen Regierungskoalitionen selber schuld seien, dass sie mit ihrem Hin und Her beim Atomausstieg Fehler gemacht, dass sie bei der Gestaltung der Gesetze schlichtweg gepatzt haben. Aber letztlich hat das Bundesverfassungsgericht über eine ganz grundsätzliche Frage geurteilt: Was wiegt mehr in dieser Gesellschaft? Das Recht der Allgemeinheit auf eine demokratische Willensbildung oder das Recht eines Konzerns, mit einer Art der Energiegewinnung, die Gefahren für Mensch und Natur birgt, Profite zu machen. So argumentierten die Richter in Karlsruhe, dass die getroffenen Regelungen gegen das im Grundgesetz verbriefte Eigentumsrecht von Vattenfall verstießen. Die Steuerzahler wird das teuer kommen, weil Vattenfall damit höhere Entschädigungszahlungen einfordern kann. Der Konzern darf also in den Staatssäckel greifen, ohne etwas zurückzugeben. Er hat das Recht auf Diebstahl, kann man sagen.
Das Bundesverfassungsgericht stellt damit den Schutz des Eigentums und seiner profitorientierten Nutzung über die ebenfalls im Grundgesetz festgeschriebene Pflicht des Eigentums, dem Wohle der Allgemeinheit zu dienen. Damit sind die Richter aber nicht schlechter oder besser als die Bundesregierung. Sie sind lediglich das Spiegelbild einer Gesellschaft, in der die Ausbeutung von Mensch und Natur letztlich mehr zählt als die Bedürfnisse der Menschen.
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