Spielen im Spannungsfeld

Die Profis dürfen, die Amateure nicht. Der Fußball in der Regionalliga offenbart die Probleme.

Noch ist das Tabellenbild im Verantwortungsbereich der Deutschen Fußball-Liga (DFL) einheitlich: Alle 36 Klubs haben die ersten sechs Spieltage absolviert. Dass es auch in der ersten und zweiten Bundesliga zu Spielabsagen kommen könnte, ist angesichts der Pandemielage nicht auszuschließen. Bislang kämpfen sich die Profiklubs mit in jeder Hinsicht aufwendigen Hygienekonzepten durch den Herbst, für coronainfizierte Mitglieder der Mannschaft, des Betreuerstabs oder des Vereins ist dabei auf Grundlage umfangreicher Tests nur eine Einzelquarantäne vorgesehen.

Während der Betrieb im deutschen Profisport nach dem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz Ende Oktober ohne Zuschauer weiterlaufen darf, müssen die Amateure pausieren. Da diese in vielen Fällen aber mehr als nur Freizeit- oder Hobbysport betreiben und Vereine nicht nur Feierabendgesellschaften, sondern kleine Unternehmen sind, regt sich Widerstand. Viele Verbände, angefangen beim Deutschen Olympischen Sportbund, versuchen seitdem, auf die Politik einzuwirken. Eine dieser Grauzonen bilden die Regionalligen im Fußball - als sogenannter Übergangsbereich zwischen Profis und Amateuren. Auch weil die Attraktivität dieses Ballspiels dazu führt, dass selbst in unteren Spielklassen mehr Geld zirkuliert als in anderen Sportarten. Noch komplizierter wird es dadurch, dass selbst in den fünf Staffeln, die unter der Regie ihrer jeweiligen Landesverbände spielen, keine Einigkeit besteht.

Weil die Regionalligen grundsätzlich dem Amateursport zugeordnet wurden, sollten sie zumindest im November eine Spielpause einlegen. Das gilt in dieser Form aber nur für die Staffeln Nord, Nordost und Südwest. Ganz anders macht es der Bayerische Fußball-Verband. In der ersten Coronapause im Frühjahr wurde die Saison nicht abgebrochen, sondern ausgesetzt - und soll mit monatelanger Verspätung irgendwann im kommenden Jahr beendet werden. Nach 25 Spielen führt Viktoria Aschaffenburg die Tabelle mit 50 Punkten an. Die restlichen Spieltage werden erst 2021 angesetzt, der Verband beschloss eine Pause bis mindestens zum 31. Dezember.

Die viertklassigen Fußballer der Regionalliga West hingegen spielen weiter. Die Meinungen darüber gehen aber auseinander. »Die meisten Klubs arbeiten unter Profibedingungen. Deshalb ist die Entscheidung, weiterzuspielen, auch folgerichtig«, findet Rot-Weiss Essens Vorstandsmitglied Marcus Uhlig. »Wie wollen wir das denn den Menschen erklären, die Kinos, Theater, Kneipen oder Restaurants schließen mussten?«, fragte hingegen Hajo Sommers. Der Präsident von Rot-Weiß Oberhausen verwies auch darauf, dass es keinerlei Coronatests gäbe. Nachdem die Liga vom Bundesland Nordrhein-Westfalen eine Finanzhilfe von 15 Millionen Euro bekam und dem Profibereich zugeordnet wurde, teilte der Westdeutsche Fußballverband am Donnerstag mit, »dass die Klubs im Vorfeld eines jeden Ligaspiels mit allen am Spiel beteiligten Personen Tests auf das Coronavirus durchführen« werden.

Hilfe bei der Politik sucht auch der Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV). Nach einer Videokonferenz des Verbandes und seiner 20 Regionalligisten erklärte NOFV-Geschäftsführer Holger Fuchs am Donnerstag: »Das ist eine Spielklasse mit professionellen Strukturen, 88 Prozent der Akteure sind Vertragsspieler.« Der Verband arbeitet derzeit nach eigener Aussage an einem Brief, der die Sportminister der fünf zuständigen Landesregierungen überzeugen soll, den Spielbetrieb schnellstmöglich wieder zu erlauben. Aber: In Thüringen und Sachsen-Anhalt darf derzeit nicht mal trainiert werden. Und Coronatests sehen die Hygienekonzepte der Vereine bislang auch nicht vor.

Wie dramatisch die Lage auch im laufenden Spielbetrieb sein kann, zeigt die 3. Liga. Der Hallesche FC hat in dieser Woche für alle Mitarbeiter - die Fußballer ausgenommen - Kurzarbeit beantragt. Das Spannungsfeld zwischen Vertragsbruch, beispielsweise mit Sponsoren, wenn der Ball ruht, und dem ebenso bedrohlichen Einnahmeverlust beim finanziell aufwendigen Spielbetrieb ohne Zuschauer wird sich so schnell nicht auflösen.

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