Die AfD hat einen Coronafall

Fraktion setzt im Landtag Untersuchungsausschuss durch

  • Andreas Fritsche, Potsdam
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist ein denkwürdiger Zufall. Die AfD möchte einen Untersuchungsausschuss zu eventuellen Versäumnissen und Fehlern der Regierung beim Umgang mit der Corona-Epidemie durchsetzen. Kurz bevor das Thema am kommenden Mittwoch im Landtag behandelt wird, gibt es einen Coronafall in der AfD-Fraktion. Ein Mitarbeiter hat sich infiziert, bestätigt der Abgeordnete Lars Hünich.

Normalerweise ist der U-Ausschuss nicht zu verhindern. Denn nach den Regularien für solche Ausschüsse muss nur ein Fünftel der 88 Landtagsabgeordneten dafür stimmen. 18 Stimmen braucht die AfD. Sie hat selbst 23 Abgeordnete. Wenn nun aber alle oder doch mehr als fünf in Quarantäne müssten, dann wäre es damit Essig. Bislang sieht es aber nicht so aus. Der infizierte Mitarbeiter hat ein eigenes Büro. Als Kontaktpersonen habe er keinen Abgeordneten angegeben, sondern nur sieben weitere Mitarbeiter der Fraktion, erklärt Hünich. Diese arbeiten jetzt vorsorglich im Homeoffice.

Es ist der erste Coronafall im Landtag. Ein Umdenken bewirkt das aber nicht. »Auch wenn ich selbst erkranken oder sogar sterben würde, müssten unsere Fragen geklärt werden«, sagt Hünich. Die AfD leugne nicht Corona. Angesichts von 40 Millionen Todesopfern weltweit, die vorhergesagt waren, seien im Frühjahr die vorsorglichen Maßnahmen der Landesregierung zur Eindämmung einer Pandemie richtig gewesen. Inzwischen ist die Lage Hünich zufolge aus einem anderen Blickwinkel ernst: Verlust von Freiheitsrechten, Wirtschaftskrise, zerstörte Existenzen, die durch Unterlassen notwendiger Operationen Verstorbenen - der Schaden durch die Corona-Maßnahmen könne und dürfe »nicht wegmoderiert oder verschwiegen werden«.

Der Untersuchungsausschuss soll aufklären, ob die Maßnahmen »geeignet, erforderlich und angemessen waren« und ob sie es heute noch sind. 82 Fragen stellt die AfD. Sie will unter anderem wissen, wie ein Fehlalarm hätte erkannt werden können.

Linksfraktionschef Sebastian Walter diagnostiziert der AfD »destruktive Oppositionspolitik« und den Missbrauch parlamentarischer Kontrollmöglichkeiten. Die Corona-Pandemie sei mit ihren politischen und sozialen Auswirkungen »viel zu wichtig und dramatisch«, um sie so zu instrumentalisieren. »Das billige Manöver ist leicht zu durchschauen«, meint Walter. »Die rechtsextreme Partei will sich eine mediale Plattform für ihre Verschwörungstheorien schaffen und damit ihre Anhänger mobilisieren.« Das kostet eine Stange Geld. Je ein Assistent pro Fraktion plus einer für die Landtagsverwaltung soll vom Parlament finanziert werden - summa summarum 55 000 Euro im Monat.

Auch im Berliner Abgeordnetenhaus gab es vergangene Woche einen Coronafall. Positiv auf das Virus getestet wurde ein Mitarbeiter der SPD-Fraktion.

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