Einer muss die Sparmarie sein

Brandenburg erwartet 2021 noch weniger Steuereinnahmen als ohnehin gedacht

  • Andreas Fritsche, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.

»Es macht wenig Sinn, wenn ich mich hier als Sparmariechen hinstelle«, sagte Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) am Dienstagnachmittag. Es sei eine Aufgabe für alle - Regierung und Parlament. Das rot-schwarz-grüne Kabinett hatte einen Haushaltsentwurf für das Jahr 2021 aus dem Ressort von Lange in der vergangenen Woche gebilligt. Nun wäre eigentlich der Landtag am Zug. Doch auch das Kabinett muss noch einmal ran. Die Regierung werde sich im Oktober bei einer Haushaltsklausur mit der neuen Lage befassen, kündigte die Finanzministerin an.

Warum eigentlich? Anfang September gab es angesichts der Coronakrise für die gesamte Bundesrepublik eine außerplanmäßige Steuerschätzung. Jetzt sind die Auswirkungen auf das Land Brandenburg heruntergerechnet. Über die Ergebnisse berichtete Lange am Dienstag: Brandenburg muss im laufenden Jahr mit 1,08 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen rechnen als im Oktober 2019 prognostiziert. Das allerdings ist nun nicht so überraschend. Denn bereits die Steuerschätzung im Mai 2020 warnte, dass Brandenburg im laufenden Jahr 1,15 Milliarden Euro weniger Steuern einnehmen werde als geglaubt. Es kommt so gesehen nicht ganz so schlimm wie im Mai gedacht.

Das Land muss sich nicht zusätzlich verschulden oder den Rotstift zücken. Glück im Unglück also. Dafür erholt sich die Wirtschaft jedoch im kommenden Jahr langsamer als erhofft. Deshalb gibt es dann noch weniger Steuereinnahmen als ohnehin schon erwartet. Im Mai 2020 waren für das Jahr 2021 schon Mindereinnahmen von 510 Millionen Euro prognostiziert. Dies konnte beim Entwurf des Haushalts 2021 berücksichtigt werden. Nun kommen aber noch einmal rund 490 Millionen Euro Mindereinnahmen hinzu. Hier müssen Regierung und Parlament zusehen, wie sie einen ausgeglichenen Etat basteln.

Der bereits vorliegende Haushaltsentwurf 2021 sah Ausgaben in Höhe von 15 Milliarden Euro vor, denen Einahmen von lediglich neun Milliarden Euro gegenüberstanden. Die Lücke wurde mit Ach und Krach durch Rücklagen und Kredite geschlossen. Nun tut sich eine weitere Lücke von 490 Millionen Euro auf - schon einkalkuliert, dass der Schuldenberg Brandenburgs bis Ende 2021 auf einen Rekordwert von 22,7 Millionen Euro steigt. Bislang schienen massive Sparmaßnahmen erst ab 2022 zu drohen. Möglicherweise sind sie nun früher notwendig.

»Ab 2021 muss Brandenburg mit zusätzlichen Einnahmeausfällen gegenüber den bisherigen Annahmen in durchaus nicht unbeträchtlicher Höhe rechnen«, sagte Finanzministerin Lange. »Hier besteht Handlungsbedarf.« Dass die Einnahmeausfälle 2020 etwas geringer ausfallen als im Mai gedacht, tröstet die Ministerin wenig. Denn die Verbesserung sei so gering, »dass sich die ungünstigen Prognosen aus dem Frühjahr meiner Einschätzung nach bestätigt haben«.

Die grundsätzlichen Rahmenbedingungen bleiben unverändert, heißt es. Die deutsche Wirtschaft befinde sich durch die Coronakrise in der schlimmsten Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik. Der Lockdown von Mitte März bis Anfang Mai habe im zweiten Quartal 2020 zu einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 9,7 Prozent geführt.

»Ich bin dafür, auch Schulden aufzunehmen, aber nur, wenn dabei klar ist, dass wir in drei oder vier Jahren in einer besseren Situation sind«, kommentierte Linksfraktionschef Sebastian Walter. Er möchte sich in den Haushaltsdebatten des Landtags nicht mehr sagen lassen, für linke Projekte wie die umgehende Abschaffung aller Elternbeiträge für die Kitas sei kein Geld da, wenn für den Großflughafen BER in Schönefeld unverdrossen Hunderte Millionen Euro ausgegeben werden, obwohl die Passagierzahlen auf Jahre hinaus nicht so hoch sein werden wie ursprünglich geglaubt.

Indessen muss auch das Land Berlin auf die neuen Ergebnisse der Steuerschätzung reagieren. Der Senat beschloss am Dienstag eine sogenannte Nachschiebeliste mit Ergänzungen zu den Entwürfen für die Nachtragshaushalte 2020 und 2021. Auch für Berlin gilt, dass es im laufenden Jahr nicht ganz so schlimm kommt wie im Mai erwartet.

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