Russische Polizei will Nawalny in Berlin befragen

Deutschland plant, Akten im Fall des vergifteten russischen Oppositionellen weitgehend geheim zu halten

  • Lesedauer: 2 Min.

Im Fall des vergifteten russischen Oppositionellen Alexej Nawalny pocht Deutschland gegenüber Russland vorerst auf weitgehende Geheimhaltung. »Die Bundesregierung hat Schritte zur Beweissicherung eingeleitet, die noch nicht abgeschlossen sind«, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Zu beachten seien auch Vertraulichkeitsgepflogenheiten. Russlands Außenminister Sergej Lawrow verlangte einmal mehr von Berlin, bei den Ermittlungen zusammenzuarbeiten. Der Fall belastet die Beziehungen zwischen beiden Staaten inzwischen erheblich.

Indes wollen die Berliner Behörden einem russischen Rechtshilfegesuch nun nachkommen. Man sei von der Senatsverwaltung für Justiz beauftragt worden, Rechtshilfe zu leisten, teilte die Berliner Generalstaatsanwaltschaft auf Twitter mit. Auskünfte etwa zum Gesundheitszustand des 44-Jährigen solle es aber nur geben, wenn Nawalny einverstanden ist. Der Oppositionspolitiker wird in der Berliner Universitätsklinik Charité behandelt. Inzwischen ist er aus dem Koma erwacht.

Kurz zuvor hatte Lawrow vor Journalisten an die Adresse Berlins gesagt: »Ich hoffe, dass diese absurden Handlungen gestoppt werden und Deutschland - zumindest im Interesse seines Rufs der deutschen Pünktlichkeit - seinen Verpflichtungen nachkommt.« Moskau will erst dann eigene Ermittlungen einleiten, wenn seinen Ermittlern Beweise zu Nawalnys Vergiftung vorliegen. Russische Ärzte haben nach eigener Darstellung keine eigenen Hinweise darauf, dass er vergiftet wurde. Sie stellten lediglich eine Stoffwechselstörung fest. Die Polizei leitete dazu Vorermittlungen ein.

International ist der Druck auf Moskau groß, in dem Fall selbst zu ermitteln. Nach Ansicht der Bundesregierung hat Russland ausreichend Informationen für eigene Untersuchungen. »Russland verfügt über alles Notwendige, um Ermittlungen durchzuführen«, sagte Regierungssprecher Seibert. Moskau reagiert verärgert auf solche Aussagen. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, andere Länder sollten Russland nicht sagen, »welche rechtlichen Schritte wann und auf welcher rechtlichen Grundlage einzuleiten sind«.

Die russische Polizei will jedenfalls eine Befragung Nawalnys in Deutschland beantragen. Russische Ermittler wollten ihre deutschen Kollegen bei den Ermittlungen begleiten und Nawalny »klärende Fragen« stellen, erklärte die Polizei in Sibirien. Der Bundesregierung liegt nach eigenen Angaben noch kein entsprechendes Gesuch vor. dpa/nd

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