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Profifußball ignoriert Vorgaben der Politik

Bundesliga plant mit Zuschauern

  • Lesedauer: 3 Min.

Frankfurt am Main. Christian Seifert führte seinen Kampf gegen die Furcht mit leicht verschwitztem Gesicht. »Natürlich darf man nicht leichtsinnig werden. Aber Angst vor dem, was passieren könnte, darf uns nicht lähmen«, sagte der Chef der Deutschen Fußball-Liga (DFL), als er am Donnerstag im heißen Scheinwerferlicht eines Frankfurter Hotelraums die Pläne des Profifußballs hinsichtlich einer Zuschauerrückkehr in die Stadien vehement verteidigte. Nach der virtuellen Mitgliederversammlung der 36 Klubs rund zwei Wochen vor dem Saisonstart gab Seifert zu Protokoll, dass mittlerweile alle Bundesligisten und Zweitligisten dem Beispiel von RB Leipzig gefolgt sind. »Alle Klubs haben Unterlagen erarbeitet und sind mit den Behörden im Gespräch.«

Schon vor dem Treffen hatten die Reaktionen auf den bereits genehmigten Plan von RB gezeigt, dass sich der Profifußball bei diesem Thema in kaum gewohnter Einigkeit präsentiert. Der Vorstoß der Leipziger, die bei ihrem Bundesligaauftakt gegen Mainz 05 trotz der Corona-Pandemie vor 8500 Fans auflaufen wollen, war von nahezu allen Beteiligten gelobt worden. »Die Fragen, ob Menschen in Bundesligastadien das falsche Zeichen ist, sind absolut berechtigt«, gab Seifert zu, betonte aber auch: »Vielleicht hat aber eine andere Perspektive auch ihre Berechtigung. Nämlich, dass es ein wichtiges Zeichen ist. Ein Zeichen, dass sich Tausende Menschen an Verhaltensregeln halten wollen und können.«

Dass sich die Klubs mit ihren Plänen nicht an den vorgesehenen Zeitplan der Politik halten, wonach eine Arbeitsgruppe auf Ebene der Staatskanzleien einen Vorschlag bis Ende Oktober präsentieren soll, scheint die Vereine kaum zu interessieren. Schon bei den Erstrundenspielen im DFB-Pokal vom 11. bis 14. September werden Zuschauer in den Arenen sein. Die große Mehrheit der Vereine will dabei auch die Kröte der Wettbewerbsverzerrung aufgrund der regional unterschiedlichen Vorschriften schlucken, um den Trumpf des Faktenschaffens nicht aus der Hand zu geben. Dafür plädierten unter anderem Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.

Kritik an diesen Plänen übten zahlreiche Politiker. »Jetzt wieder Fußballspiele mit Fans zu erlauben, während gleichzeitig die Infektionszahlen steigen, wäre ein schlechtes Signal«, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Der CSU-Chef forderte wie zuvor auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) »einheitliche Regeln« für die Bundesliga: »Ein Verein mit Fans, die anderen ohne - das kann weder im Sinn der Liga noch des Sports sein.«

Für das von der Politik gelobte, neue Hygienekonzept gab es am Donnerstag auch grünes Licht. Rund um den Spielbetrieb wird künftig beim Corona-Testungsschema eine Gliederung in drei Stufen der Pandemieaktivität vorgenommen werden. Laut Seifert wird der Profifußball etwa 3500 Tests pro Woche benötigen. SID/nd

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