Lega unter Verdacht

49 Millionen Euro Wahlkampferstattung spurlos verschwunden

  • Wolf H. Wagner, Florenz
  • Lesedauer: 3 Min.

Es war wie eine Szene aus einem Politthriller: Beim Verlassen seines Hauses traten Sicherheitsbeamte an Luco Sostegni heran und nahmen den früheren Buchhalter der Partei Lega fest. In seinem Koffer fanden die Beamten 25 000 Euro, dazu Bus- und Flugtickets. Sostegni wollte sich offenbar nach Brasilien absetzen. Weitere Schreiben, die sich ebenfalls in seinem Gepäck befanden, weisen darauf hin, dass der Ex-Gesellschafter der Kulturorganisation Lombardia Film Commission (LFC) weitere Zahlungen erwartete: Ab 20. September sollte er im dreiwöchigen Turnus Tranchen in Höhe von 7000 Euro erhalten.

Der Untersuchungsrichter Giulio Fanales von der Staatsanwaltschaft Mailand erklärte, bei den Summen handele es sich offenbar um Schweigegeld. Bereits seit dem 9. Juni ermitteln die Behörden gegen die Finanzbuchhalter der Lega, Michele Scillieri, Alberto Di Rubba und Andrea Manzoni, wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder. Noch immer geht es bei den Ermittlungen um die »verschwundenen« 49 Millionen Euro, die die einstige Separatistenpartei, heute unter Führung des Ex-Innenministers Matteo Salvini, als Wahlkampfrückerstattung für die Jahre 2008 bis 2010 erhalten hatte. Zu Unrecht, wie sich im Laufe der Jahre herausstellte, weswegen die Lega vom Amtsgericht in Genua zur Rückzahlung der Summen verurteilt wurde.

Richter Fanales erhofft sich von den Vernehmungen des Festgenommenen Sostegni, Licht in das Finanzdunkel zu bringen. Im konkreten Fall geht es um als Immobilienhandel getarnte Geldwäsche. Alles begann, als der Präsident des LFC, Alberto Di Rubba, 2018 den Kauf eines neuen Firmensitzes vorschlug. Die Region Lombardei - Hauptgesellschafter der LFC - stellte dafür 400 000 Euro zur Verfügung. Finanzberater Di Rubbas war Michele Scillieri. Dessen im Konkurs befindliche Gesellschaft Paloschi bot eine Immobilie im Speckgürtel von Mailand für ebendiese Summe an. Anfang 2019 wurde dieselbe Immobilie dann zuerst an die ebenfalls von Scillieri kontrollierte Andromeda verkauft. Nach kurzer Rekonstruktion des Gebäudes wurde es an die LFC für 800 000 Euro verkauft. Das Resultat: 100 Prozent Gewinn in elf Monaten. Die Kaufsumme wurde ebenfalls von der Region Lombardei aufgebracht, wo die Lega regiert. Als Strohmann für diesen Handel diente wohl der verhaftete Luca Sostegni.

Das Ganze könnte man als kriminelle Machenschaften skrupelloser Finanzexperten abbuchen, gehörten die drei Verdächtigen nicht zum engen Kreis der Lega-Parteispitze. Im Büro von Michele Scillieri hatte sich im Dezember vergangenen Jahres die »neue« Partei Salvinis etabliert: Aus der einstigen Lega Nord wurde die »Lega per Salvini Premier«, die alte Partei wurde - samt der Rückzahlungsforderungen der 49 Millionen Euro - zur »Bad Bank« erklärt. Salvini glaubte, damit aller Forderungen ledig zu sein. Wiederholt stellte er in Abrede, überhaupt etwas von den Wahlkampferstattungen sowie von dem Ersuchen der Rückzahlungen gewusst zu haben. Auch im nun zu ermittelnden Fall streitet der Ex-Innenminister ab, die Verdächtigen gekannt zu haben - eine absurde Behauptung angesichts des Geschichtsverlaufs.

Auf Anordnung des Mailänder Gerichts bleibt Sostegni in Haft. Was er - und seine Finanzkollegen - noch aussagen könnten, dürfte Matteo beunruhigen. Die Lega befindet sich derzeit im Umfrageabschwung. Kurz vor den Regionalwahlen im Süden dürfte Salvini kaum dafür gewappnet sein, von einem Finanzskandal überrollt zu werden.

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