Zu hohe Hürden
1200 Flüchtlinge aus Eritrea kämpfen für Nachzug ihrer Familien
Nach Angaben der Eritreischen Gemeinschaft aus Berlin und Umgebung warten derzeit 1200 Flüchtlinge aus dem nordafrikanischen Land, oft seit Jahren, darauf, dass ihre Frauen und Kinder nach Deutschland einreisen dürfen. Die Flucht vom Horn von Afrika nach Europa über die Sahara, den Bürgerkriegsstaat Libyen und das Mittelmeer ist so gefahrvoll, dass sich das oft nur Männer zumuten. Laut offizieller Statistik sind weit über 80 Prozent der in Deutschland lebenden Flüchtlinge aus dem kleinen Land Eritrea Männer. Die meisten von ihnen erhalten wegen der katastrophalen Menschenrechtslage in Eritrea hier auch Asyl. Viele der Männer sind verheiratet. Ihre Frauen und Kinder warten in Äthiopien, dem Sudan oder Kenia auf den Familiennachzug. Das sind politisch instabile und wirtschaftlich schwierige Staaten. Damit die Familie dort überleben kann, zweigen ihre hier lebenden Männer von ihrer Sozialhilfe oder vom Arbeitseinkommen aus prekären Beschäftigungsverhältnissen alles ab, was sie erübrigen können und schicken es den Familien.
Wer Asyl bekommen hat, hat auch ein Recht auf Familiennachzug. Theoretisch. Praktisch hat die Bundesregierung da aber hohe Hürden gesetzt. »Für ein Visum zum Familiennachzug sollen wir bei den deutschen Botschaften Dokumente einreichen, die wir nicht haben und nur unter unzumutbaren Bedingungen besorgen können«, heißt es im Demonstrationsaufruf, den verschiedene eritreische Vereine und Flüchtlingsräte aus dem gesamten Bundesgebiet unterzeichneten. Hauptproblem: Die Ehepapiere und Geburtsurkunden der Kinder müssen vom eritreischen Staat beglaubigt sein.
Doch eritreische Botschaften verweigern ihren im Ausland lebenden Staatsangehörigen sämtliche Dokumente und Beglaubigungen, bevor sie nicht eine Erklärung unterschreiben, wonach sie es bereuen, mit der Flucht Eritrea verraten zu haben und sich verpflichten, rückwirkend seit der Flucht aus Eritrea zwei Prozent ihres Einkommens als sogenannte »Diasporasteuer« an den eritreischen Staat zu zahlen.
Deutsche Behörden, so beklagen die Initiatoren der Demonstration, zu der eine mittlere vierstellige Teilnehmerzahl erwartet wird, »erlauben dem eritreischen Verfolgerstaat, uns zu demütigen und uns zu zwingen, diese Diktatur auch noch finanziell zu unterstützen. Dagegen wehren wir uns!« Stattdessen sollen deutsche Behörden kirchliche Eheurkunden und Taufurkunden von Kindern als Nachweis der Familienzusammengehörigkeit akzeptieren.
Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der linken Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke warten eritreische Familien in Äthiopien, Kenia und Sudan allein zwölf Monate auf einen Termin in der deutschen Botschaft, um die Familienzusammenführung überhaupt beantragen zu können. Grund ist die schlechte personelle Ausstattung der Botschaften. Religiöse Eheurkunden werden den Angaben zufolge nicht anerkannt, weil die Botschaftsmitarbeiter nicht qualifiziert sind, diese zu prüfen. Kommt es nach Jahren zu Klagen vor dem Verwaltungsgericht, lässt sich das Auswärtige Amt hingegen in Vergleichen oft darauf ein, die religiösen Urkunden zu akzeptieren.
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