»Umfassend« modernisierte Wohnung?
Mietrechtsurteil
Um diese Frage wurde vor Gericht gestritten, weil ein Berliner Vermieter bei der Neuvermietung die monatliche Nettokaltmiete von 373,44 Euro auf 1430 Euro erhöht hatte. 2016 hatte er die 130 m2 große Wohnung neu vermietet. Für die Sanierung hatte der Eigentümer rund 108 800 Euro ausgegeben. Das rechtfertige die aktuelle Miethöhe, fand das Amtsgericht.
Gegen diese Entscheidung legte der Mieter Berufung ein und erreichte beim Landgericht Berlin (Az. 65 S 25/18) zumindest einen Teilerfolg. Ein großer Teil des Investitionsaufwands sei darauf zurückzuführen, dass der Vermieter die Wohnung »kernsanieren« musste, erklärte das Landgericht. Sie sei von 1971 bis Ende 2014 ständig von einem Mieter bewohnt und nie renoviert worden. Daher habe der Vermieter auch reine Instandsetzungsmaßnahmen durchführen müssen, die nur den früher bestehenden Zustand wiederherstellten. Das stelle keine Modernisierung dar.
Umfassend sei Modernisierung, wenn ihr Umfang dem Aufwand für einen Neubau nahekomme. Finanziell ausgedrückt: Die Investition müsse mindestens bei einem Drittel des Aufwands liegen, der für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlich sei. Das sei die quantitative (Kosten-)Seite des Begriffs »umfassend«.
Wesentlich sei aber auch die qualitative Seite, d. h. die Auswirkungen der Maßnahmen auf den Wohnwert. Modernisierung müsse den Wohnwert in mehreren wichtigen Bereichen verbessern (z. B. geringerer Energieverbrauch, neue Sanitäranlagen und Elektroinstallation etc.).
Das treffe hier nur teilweise zu: Der Vermieter habe die Elektroinstallation erneuert, eine neue Heizung und ein modernes Bad einbauen lassen. Das seien Modernisierungsmaßnahmen. Alles in allem liege hier jedoch keine »Erstvermietung nach umfassender Modernisierung« vor. Den (fast) vierfachen Betrag zu verlangen, sei keinesfalls gerechtfertigt. OnlineUrteile.de
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