• Berlin
  • Mietendeckel in Berlin

Deckel drückt die Mieten deutlich

Immobilienportal meldet Rückgang um acht Prozent

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Mietendeckel macht sich auf dem Berliner Wohnungsmarkt bemerkbar. Von Januar bis Mai 2020 wurden vor 2014 gebaute Wohnungen im Mittel für 10,10 Euro Nettokaltmiete inseriert. Das sind acht Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum, als der Preis noch bei 11 Euro lag, vermeldet das Portal Immowelt auf Basis von mehreren Tausend Wohnungsangeboten. Regional sind die Unterschiede groß. Im Altbezirk Wedding sanken die Angebotspreise um 18 Prozent - von einst 12 auf nun 9,80 Euro. Um zweistellige Prozentwerte ging es auch in Schöneberg, Reinickendorf und Tempelhof runter. Einzig in Hohenschönhausen stiegen die Angebotsmieten laut Immowelt um elf Prozent. In rund einem Drittel der 23 Altbezirke gab es wenig oder keine Veränderung.

Deutlich nach oben ging es im gleichen Zeitraum bei den Neuvermietungen in Häusern, die seit 2014 fertiggestellt worden sind und für die der Mietendeckel nicht gilt: um 17 Prozent auf 15,80 Euro nettokalt pro Quadratmeter. Von Januar bis Mai 2019 lag der Median noch bei 13,50 Euro.

Energetische Sanierung wird teurer

91 Milliarden Euro soll die energetische Sanierung aller Berliner Wohngebäude kosten, wenn das Ziel Klimaneutralität im Jahr 2050 erreicht werden soll. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag der Initiative für die Wärmewende, eines wirtschaftsnahen Zusammenschlusses. Das soll 2,89 Euro pro Quadratmeter Mietwohnung und Monat entsprechen.

Laut Mietendeckel darf derzeit ein Euro pro Monat umgelegt werden. »Wir als Senat werden die Hauseigentümer mit einem Förderprogramm unterstützen«, kündigt Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) an. Denn die energetische Sanierung dürfe nicht ausgebremst werden. Ab Herbst sollen Mittel aus dem 48-Millionen-Euro-Topf beantragt werden können.

»Wir brauchen dringend eine Strategie für die Wärmewende, und es müssen auch die Konflikte, wer was zahlt und wer sich was leisten kann, diskutiert werden«, fordert Tilmann Heuser vom Umweltverband Bund. »Die Förderprogramme müssen dann danach ausgerichtet werden.« nic

Auch das Hamburger Institut F+B Research hatte bereits Rückgänge bei den Berliner Angebotsmieten vermeldet - gegen den bundesweiten Trend. Allerdings sind solche Zahlen immer mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. Gerade tendenziell günstige Vermieter wie landeseigene Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften inserieren ihre Wohnungen meist nicht auf Portalen. Auch die sogenannten Schattenmieten, bei denen Vermieter in der Hoffnung auf ein Scheitern des Mietendeckels vor Verfassungsgerichten zusätzlich höhere Mieten als laut Gesetz zulässig in die Verträge schreiben, sind ein Problem in der Bewertung. »Wir können nur die Preise auswerten, die bei uns im Portal als solche ausgezeichnet werden«, sagt Jan-Carl Mehles von Immowelt auf nd-Nachfrage. Das kann mal die Schattenmiete sein oder mal der laut Mietendeckel zulässige Preis.

»Unsere Befürchtungen haben sich leider bewahrheitet: Der Mietendeckel verschärft das Auseinanderdriften am Wohnungsmarkt weiter. Das zeigt das deutlich stärker steigende Mietpreisniveau bei nicht regulierten Neubauten«, interpretiert Immowelt-Chef Cai-Nicolas Ziegler die Zahlen.

Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) widerspricht. »Extrem hohe Angebotsmieten im Neubausegment sind keinesfalls ein neues Phänomen und damit auch kein Ergebnis des Mietendeckels, sondern eine Entwicklung, die wir seit Langem beobachten«, sagt sie zu »nd«. Auch die Mieten in Bestandswohnungen hätten sich in den letzten zehn Jahren oftmals verdoppelt. »Wenn diese Preisexplosion jetzt durch den Mietendeckel gestoppt wird oder die Mieten sogar sinken, ist das in meinen Augen mehr als begrüßenswert«, erklärt sie. Um die Unsicherheit bei den Mietern endlich zu beenden, sei eine schnelle gerichtliche Überprüfung notwendig. »Außerdem müssen wir den Bau von insbesondere leistbaren Wohnungen weiter vorantreiben, um den anhaltenden Wohnungsmangel schrittweise abzubauen«, so die Senatorin.

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