»Dieser Huso kann mich mal«
Mietrechtsurteile
Wegen Mietrückständen wurde dem Mieter der Zwei-Zimmer-Dachgeschosswohnung vom Vermieter bereits gekündigt. Der Mieter hatte das Schreiben zunächst ignoriert, dann der Kündigung widersprochen. Das Verhältnis war also ohnehin schon ziemlich »angespannt«, als sich Nachbarn beim Vermieter über die laute Musik des Mieters beschwerten. Einige Wochen später teilte der Mieter folgenden Beitrag öffentlich auf seinem Facebook-Profil:
»Toll. Habe Querulanten als Nachbarn. Vermieter war eben bei mir und droht mit Kündigung (vier lachende Smileys). Dieser Huso kann mich mal.«
Einen Ausdruck von diesem Facebook-Beitrag schickten die Nachbarn dem Vermieter. Bei einem Handwerkertermin in der Wohnung des Mieters kam es wenig später zu einem handfesten Streit mit Schubserei zwischen den Parteien. Danach schrieb der Mieter auf Facebook: »Schon wieder fristlose Kündigung bekommen, wollen die das ich durchdrehe???« Der Beitrag war mit Kot-Smileys hinterlegt.
Zu Recht habe daraufhin der Vermieter das Mietverhältnis wegen Beleidigung und Bedrohung gekündigt, entschied das Amtsgericht Düsseldorf (Urteil vom 11. Juli 2019, Az. 270 C 346/18). Es gab der Räumungsklage des Vermieters statt. Der zweite Facebook-Beitrag bringe die Wut des Mieters über die Kündigung zum Ausdruck. Die grammatikalisch falsche, rhetorische Frage »wollen die das ich durchdrehe?« habe den Charakter einer Drohung: Im allgemeinen Sprachgebrauch werde »durchdrehen« mit einem Angriff verbunden.
Auch die öffentliche Beleidigung alleine hätte gereicht, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Die Bezeichnung »Huso« werde allgemein als Abkürzung für das Wort »Hurensohn« benutzt. Obwohl die Prostitution mittlerweile ein legaler Beruf sei, werde dieses Wort bekanntlich in sehr vielen Ländern als Schimpfwort gebraucht (»son of a bitch«, »fils de pute«). Wenn der Mieter darauf verweise, »Huso« könne auch Hundesohn bedeuten, ändere das nichts: Auch dieses Wort stelle eine Beleidigung und einen Angriff auf die persönliche Würde des Vermieters dar.
Mit dem Lebenspartner?
Grundsätzlich können Mieter von ihrem Vermieter verlangen, dass er der Aufnahme eines nichtehelichen Lebenspartners in die Wohnung zustimmt. Das gilt jedoch nicht, wenn die Partnerschaft bereits vor dem Abschluss des Mietvertrags bestanden hat.
Der Wunsch des Mieters ist dann nicht als berechtigt anzusehen, wenn der Verdacht naheliegt, er habe vor dem Vertragsschluss die Partnerschaft in der Annahme verschwiegen, dass der Vermieter nicht an eine Wohngemeinschaft vermieten würde (Amtsgericht Brandenburg, Urteil vom 6. Juni 2019, Az. 31 C 230/18).
Überhöhte Rechnungen
Eine Modernisierungs-Mieterhöhung ist unwirksam, wenn die Vermieterin am »Beschiss« mitwirkte.
Im Auftrag einer Vermietungsgesellschaft führte ein Bauunternehmen an einem Berliner Mietshaus Modernisierungsarbeiten durch. Das Bauunternehmen war mit der Vermieterin wirtschaftlich verbunden - beide Unternehmen hatten den gleichen Geschäftsführer. Wie die Mieter später erfuhren, hatte das Bauunternehmen einen Teil der Arbeiten vorsätzlich zu hoch abgerechnet.
Die - jedenfalls teilweise überhöhten - Kosten legte die Vermietungsgesellschaft auf die Mieter um. Da der Mieter M. die Modernisierungsmieterhöhung nicht akzeptierte, verklagte ihn die Vermieterin auf Zustimmung. Doch das Landgericht Berlin (Urteil vom 6. August 2019, Az. 67 S 342/18) ließ sie abblitzen: Ihr Mieterhöhungsverlangen sei sittenwidrig und daher unwirksam.
Die Abrechnung der Vermieterin verstoße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Zwar führe nicht jeder Verstoß gegen dieses Gebot dazu, dass eine Mieterhöhungserklärung insgesamt unwirksam sei. Bei einer absichtlich falschen Abrechnung der Vermieterin in Absprache mit dem ausführenden Bauunternehmen sei das aber angemessen.
Nur so könne die Justiz Mieter wirksam vor überhöht abgerechneten Modernisierungskosten schützen. Die Vermietungsgesellschaft habe in Zusammenarbeit mit dem Bauunternehmen versucht, den Mieter mit überhöhten Kosten zu übervorteilen, um ihren Profit zu maximieren. M. hätte Kosten übernehmen sollen, die in deutlichem Missverhältnis zur Arbeitsleistung des Bauunternehmens standen. OnlineUrteile.de
Kurzurteile
Wohngemeinschaft
Bei einer studentischen Wohngemeinschaft, deren Mitglieder keine Lebensgemeinschaft führen, muss der Vermieter grundsätzlich damit rechnen, dass diese nicht von fortdauerndem Bestand ist. Er ist grundsätzlich verpflichtet, den Austausch einzelner Mieter hinzunehmen und hat nur bei Vorliegen eines triftigen Grundes, etwa in der Person eines neuen Mieters, das Recht, seine Zustimmung zu verweigern (Landgericht Darmstadt, Az. 6 S 21/19).
Gartenpflegekosten
Kosten, die für die Pflege öffentlich zugänglicher Gemeinschaftsflächen einer Wohnanlage entstehen, sind nicht als Betriebskosten auf die Mieter umlegbar (Landgericht Berlin, Az. 6z5 S 132/19).
Mieterhöhung
Eine Wohnung, die an eine juristische Person oder an eine Personenhandelsgesellschaft vermietet ist, stellt keine geeignete Vergleichswohnung für eine an eine Privatperson vermietete Wohnung dar (Amtsgericht Lörrach, Az. 4 C 705/19).
Eigenbedarf
Eine zugunsten des Großneffen des Vermieters erklärte Eigenbedarfskündigung erfordert die Darlegung eines besonderen Näheverhältnisses zwischen Vermieter und Bedarfsperson, da ein Großneffe nicht zum Bereich der Kernfamilie gehört.
Erforderlich ist im Einzelfall ein besonderes und herausgehobenes persönliches Näheverhältnis, das über allgemeine enge Familienbande hinausgeht und eine moralische Verpflichtung des Vermieters gerade gegenüber der Bedarfsperson begründet (Amtsgericht Fürstenfeldbruck, Az. 5 C 364/19).
Baulärm
Für die Beeinträchtigung durch Baulärm von einer benachbarten Großbaustelle ist eine Minderungsquote von 15 Prozent nicht zu beanstanden (Landgericht Berlin, Az. 67 S 230/19).
Aus MieterZeitung 2/2020
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