Kruzifix noch mal, was soll das?

Karlen Vesper findet das Kuppelkreuz auf dem Berliner Schloss fatal

Wenn’s der Wettergott erlaubt, wird am Freitag die Kuppel des Berliner Schlosses mit dem umstrittenen Kreuz bekrönt. Beim Schreiben dieser Zeilen richtet die Atheistin ein Stoßgebet gen Himmel, Petrus möge es winden lassen, stärker als beim Spatenstich zum ebenfalls umstrittenen Freiheits- und Einheitsdenkmal vor der im Disney-Stil auferstandenen Stadtresidenz des dreisten Hohenzollerngeschlechts, als er den Honoratioren immerhin trollig-drollige Sturmfrisuren verlieh. Heute ginge es um Leib und Leben von Bauarbeitern in schwindelerregender Höhe. Ergo, wenn’s stürmt, könnte der vor sieben Jahren absolutistisch, wider kritische Stimmen gefasste, freilich von den Kirchen beider christlichen Konfessionen beklatschte Beschluss zur Bekreuzigung des Schlosses abgeblasen werden. Kein Pfingstgeschenk gäbe es für die hauptstädtische Christenheit. Zu deren Trost sei Brecht zitiert: »Zu Pfingsten sind die Geschenke am geringsten.«

Vor allem aber: Wir könnten neu debattieren. Kein Kreuz auf ein säkulares Gebäude in einem säkularen Staat! Erst recht nicht auf ein Haus, in dem koloniales Erbe ehrlich, schonungslos dokumentiert und diskutiert werden soll. Kein »Triumphzeichen« posthum für Eroberer und Mörder, die Schwert und Kreuz führten. Der Namensgeber des Humboldt Forums, Religions- und Sklavereikritiker Alexander von Humboldt, stünde uns bei.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.