Aufstand der Kleinen

Kein Abstieg - nur dann wollen die sechs letztplatzierten Vereine der Premier League das englische Fußballmodell zum Neustart akzeptieren

  • Jens Marx, London
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein halbes Dutzend Rebellen, eine klare Forderung: Die Lage im englischen Fußball hat sich unmittelbar vor der womöglich entscheidenden Konferenz über die Fortsetzung der Saison in der Premier League weiter zugespitzt. Ob Jürgen Klopp sich mit dem FC Liverpool noch zum Meister küren lassen kann, hängt auch von der Blockadehaltung der sechs Vereine ab, die die letzten sechs Plätze in der Tabelle belegen.

Einem Bericht in der Sonntagsausgabe des »Mirror« zufolge wollen sie ihren erbitterten Widerstand gegen die neutralen Spielorte beim »Projekt Re-Start« nur aufgeben, wenn der Abstieg in dieser Saison ausgesetzt wird. Einige würden diese sechs Klubs schon als »Projekt Sabotage« bezeichnen, schrieb der »Independent«.

Eine Spaltung im englischen Fußball sei seit langem schon als unvermeidlich angesehen worden, aber die jetzige Situation durch die Folgen der Coronavirus-Pandemie habe die Fronten verändert: Es sind nicht die großen Sechs gegen den Rest. Es sind die Kleinen, zumindest, was den Blick auf die Tabelle betrifft, die den Aufstand proben, von Platz 20 bis 15: Norwich City, Aston Villa, der AFC Bournemouth, der FC Watford, West Ham United und Brighton & Hove Albion.

Watfords Geschäftsführer Scott Duxbury sagte der »Times«, dass es nicht fair sei, wenn die Vereine ihre Heimspielstätten nicht nutzen könnten. »Wir haben medizinisches Klubpersonal, das unter Bedingungen arbeitet, mit denen kein Arzt oder Physiotherapeut jemals Erfahrungen gemacht hat«, schrieb Duxbury. Amtskollege Paul Barber von Brighton & Hove Albion machte auf der Vereins-Homepage deutlich, was für ihn Vorrang hat: »Mein Verein.« Dann komme die Liga, dann der Fußball als Ganzes. Er warnte zudem mit eindringlichen Worten vor einem zu frühen Neustart. »Wir müssen aufpassen, dass wir nicht den falschen Schritt machen. Denn wenn wir es tun, könnte es Leben ruinieren. Es könnte Leben kosten«, sagte er der »Daily Mail«: »Das können wir uns nicht erlauben.« Am Sonntag wurde dann ein weiterer positiver Corona-Fall bei seinem Klub bekannt - es ist der bislang dritte bei Brighton & Hove Albion.

29 von 38 Spieltagen hat die Premier League bisher absolviert, die letzte Partie fand am 9. März statt. Die Saison soll am 12. Juni wieder aufgenommen werden und mit dem Finale um den FA-Cup am 8. August enden. An diesem Montag wollen die 20 Vereine der Premier League konferieren, um über die Fortsetzung zu beraten. Am Donnerstag soll ein Meeting von Vertretern der Premier League, des nationalen Verbandes, der English Football League, den zuständigen Sport-, Medien- und Kulturbehörden des Landes und des englischen Gesundheitswesens folgen.

Dabei dürften die Blicke auch nach Deutschland gehen. Viel werde nun davon abhängen, ob die 1. und die 2. Bundesliga nach der gerade verhängten zweiwöchigen Quarantäne für den Zweitligisten Dynamo Dresden wie geplant am kommenden Wochenende wieder losgehen werde, meinte die »Daily Mail«. Großbritannien ist offiziellen Statistiken zufolge das Land mit den meisten Todesfällen in Europa durch das Corona-Virus. Die Anzahl der Toten stieg am vergangenen Freitag um 626 auf 31 241. dpa/nd

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