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Gestrandete Wanderarbeiter
40 Millionen in Indien ohne Job.
In der Nähe des Bahnhofs Prabhadevi im Süden Mumbais leben etwa 40 Männer, Frauen und Kinder unter Planen. Sie haben sich eine provisorische Unterkunft gebaut, so wie sonst auch, wenn sie für kurze Zeit für Bauarbeiten angeheuert werden. Während in Indien seit Ende März strenge Ausgangsbeschränkung gilt, war ihr Vertrag ausgelaufen und damit das Einkommen weggebrochen. Tagelang hatten sie nichts zu essen. Eine Gruppe versuchte, nach Hause ins 500 Kilometer entfernte Dorf zu laufen. Sie wurden an der Stadtgrenze aufgegriffen.
Amma, eine Gemüsehändlerin, wurde aufmerksam und vermittelte. Nun erhalten sie Lebensmittelrationen der Stadt Mumbai. Der Hunger ist gelindert, aber bleiben wollen sie nicht. Zumindest nicht, solange sie keine Verdienstmöglichkeit haben. 40 Millionen Arbeitsmigrant*innen schätzt die Weltbank, sind in Indien derzeit ohne Job. Sie ziehen sonst in die Städte, Industriegebiete oder auf die Felder, um dort für einige Monate oder Jahre Geld zu verdienen.
Die Vorkehrungen, die getroffen wurden, um die Ausbreitung des Coronavirus zu begrenzen, haben sie hart getroffen. »Es gibt über 300 dokumentierte Fälle, in denen Menschen an einem Herzinfarkt oder Erschöpfung starben, nachdem sie über 100 Kilometer nach Hause liefen«, so Nikhil Dey von der Arbeiter- und Bauernvertretung MKSS. Mit dem Lockdown wurde der Verkehr der Transportmittel eingestellt.
Dey fordert, dass Busse und Züge die Menschen nach Hause bringen sollen, sonst befürchtet er weitere Todesfälle. Ende April lenkte die Regierung ein und forderte die Bundesstaaten auf, den Transport der Arbeiter*innen zu organisieren. Allerdings liegt es nicht im Interesse der Unternehmen, die günstigen Arbeitskräfte ziehen zu lassen, sagt der Ökonom Jean Drèze. Viele stehen nun vor dem Dilemma, zur Familie zu gehen, der sie potenziell zur Last fallen könnten, oder zu bleiben, um auf eine Wiederbeschäftigung zu hoffen.
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