Normalisierung - ein zartes Pflänzchen
Bundesländer interpretieren Beschlüsse zur öffentlichen Ordnung, bleiben aber dicht beieinander
Mit ihren Beschlüssen zum weiteren Vorgehen gegen Corona haben die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten der Länder weitgehend Zustimmung erfahren. Zugleich setzte am Donnerstag in den 16 Bundesländern die Debatte darüber ein, welche der Maßnahmen in welcher Ausprägung jeweils umgesetzt werden sollen. Mehrere Ministerpräsidenten dämpften allzu hohe Erwartungen - etwa des Handels - mit der Warnung, man müsse weiterhin Vorsicht walten lassen, um die bisher erreichte Zügelung der Corona-Epidemie nicht zu gefährden. So sprach der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) lieber von einer »zarten Wende«, die man eingeleitet hat, und warnte vor Leichtsinn. Auf der anderen Seite wies Nordrhein-Westfalens Regierungschef Armin Laschet (CDU) den ebenfalls zarten Vorwurf seines Amtskollegen Markus Söder in Bayern zurück. Dass nämlich die Bundesländer nun womöglich in einen Überbietungswettbewerb eintreten könnten, was die Lockerung der staatlich verordneten Einschränkungen angeht. Die Regierungschefs von Bund und Länder hatten am Mittwoch beschlossen, die geltenden Kontaktbeschränkungen bis zum 3. Mai zu verlängern, aber einige Maßnahmen vorsichtig zu lockern.
So soll der Schulbetrieb ab 4. Mai schrittweise wieder aufgenommen werden - zunächst für Abschlussklassen und qualifikationsrelevante Jahrgänge sowie die letzte Klasse der Grundschule. In Nordrhein-Westfalen, wo die ersten Schulöffnungen bereits in der kommenden Woche kommen sollen, verteidigte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) dies mit den Worten, damit befinde sich das Land im »Geleitzug« der Länder. Auch andere Länder öffneten schließlich Schulen bereits in der kommenden Woche.
Bund und Länder hatten weiter beschlossen, die Notbetreuung in den Kitas fortzusetzen, aber auf weitere Berufs- und Bedarfsgruppen auszuweiten. Und zwar auch deshalb, weil zugleich eine leichte Entspannung der Auflagen in der Wirtschaft vereinbart wurde, was mehr Menschen in Konflikt mit der nötigen Kinderbetreuung bringt. So sollen Geschäfte bis zu 800 Quadratmetern Verkaufsfläche sowie - unabhängig von der Verkaufsfläche - Auto- und Fahrradhändler sowie Buchhandlungen wieder öffnen können, wo dies bisher verboten war. Dabei müssen Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen beachtet werden.
Auch Friseurläden sollen unter Nutzung von Schutzkleidung ab 4. Mai wieder öffnen dürfen, was auch den Regierungschef von Baden-Württemberg freuen wird, dessen ausufernder Bürstenschnitt bereits zu Journalistenfragen Anlass bot. Im Bundesland des Grünen-Politikers sollen die Gottesdienste einen Vorrang bei der Normalisierung des Alltags erhalten, wie Winfried Kretschmann betonte. Mit Agenturen Seite 5
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