Das rechte Auge bleibt blind

Marie Frank über die Reform der Berliner Polizei

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Verantwortlichen der Berliner Polizeireform überschütten sich am Montag gegenseitig mit Glückwünschen, so stolz sind sie, dass sie im geplanten Zeitrahmen geblieben sind. Nun ist es in der Hauptstadt tatsächlich ungewöhnlich, dass ein Projekt pünktlich fertiggestellt wird. In diesem Fall hätte es allerdings nicht geschadet, wenn man sich ein wenig mehr Zeit gelassen hätte.

So ist völlig unverständlich, warum neben der neu gegründeten Abteilung für islamistischen Terrorismus nicht eine eigene Abteilung für die Verfolgung von rechtsextremen Straftaten geschaffen wurde. Das wäre in Zeiten des Erstarkens des Rechtsterrorismus in Deutschland nicht nur ein starkes Signal gewesen, dass man das Thema ernst nimmt. Es wäre vor allem ein Zeichen für die die vielen Betroffenen der rechten Anschlagsserie in Neukölln, die seit Jahren von Neonazis terrorisiert werden.

Die fehlenden Ermittlungsergebnisse im »Neukölln-Komplex« rufen geradezu nach einer Stärkung der Ressourcen im Kampf gegen rechts. Doch stattdessen wird dieser, zumindest organisatorisch, in Berlin auch in Zukunft gleichgesetzt mit dem Kampf gegen links. Ein derartiger Hufeisentheorie-Unsinn ist spätestens nach dem rechtsterroristischen Anschlag von Hanau mit neun migrantischen Todesopfern mit nichts zu rechtfertigen.

Es ist überfällig, dass Rot-Rot-Grün seinen Polizisten klar macht, wo die Prioritäten liegen. Ein stärkerer Fokus auf die Bekämpfung von Rechtsradikalismus gehört ebenso dazu wie die Einsetzung eines Rassismus-Beauftragten. Damit sich niemand mehr, auch kein Polizist, ungestraft das rechte Auge zuhalten kann.

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