Neonazis stören in den Gedenkstätten

  • Yvonne Jennerjahn
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Stiftung brandenburgische Gedenkstätten hatte 2019 nach eigenen Angaben keine größeren Probleme mit rechtsextremen und antisemitischen Vorfällen. »Wir beobachten einen leichten Anstieg auf insgesamt niedrigem Niveau«, sagte Direktor Axel Drecoll. »Aber ob die Fälle wirklich in statistisch relevanter Weise zugenommen haben oder ob unsere Sensibilität dafür gestiegen ist, lässt sich kaum verbindlich entscheiden.«

Die denkbare Bandbreite sei »ohnehin groß«, sagte Drecoll. »Das reicht von Provokationen über offen getragene extrem rechte Symbole bis hin zu kleineren Vorfällen.« Dass sich politische Ereignisse durch Vorfälle in der Gedenkstätte niederschlagen, sei nicht zu erkennen.

Es sei jedoch »in diesem Zusammenhang ein wichtiges Signal« gewesen, dass ein Teilnehmer einer AfD-Besuchergruppe, deren Führung in der Gedenkstätte Sachsenhausen im Sommer 2018 nach Störungen abgebrochen wurde, 2019 zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, sagte Drecoll. Dies sei den »sorgfältigen und engagierten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Neuruppin« zu verdanken, betonte der Historiker. Aus der Gruppe heraus war die Existenz von Gaskammern in der Zeit des Naziregimes angezweifelt worden. Ein Mann wurde deshalb im Oktober wegen Volksverhetzung und Störung der Totenruhe zu einer Geldstrafe in Höhe von 4000 Euro verurteilt.

Insgesamt zählten die brandenburgischen Gedenkstätten im zu Ende gehenden Jahr mehr als 800 000 Besucher. »Das Interesse ist unvermindert hoch«, sagte Drecoll. »In Sachsenhausen, wo wir auch in diesem Jahr wieder deutlich über 700 000 Besucher zu verzeichnen haben, sogar mit weiterhin steigender Tendenz.«

In der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen sei damit »die Belastungsgrenze für das Personal und die Infrastruktur bereits erreicht, wenn nicht gar schon überschritten«. Rund zehn Prozent der Besucher nutzten pädagogische Betreuungsangebote, von den Gästen aus dem Ausland griffen rund 40 Prozent auf solche Angebote zurück. Die Zahl der Besucher, die mit Stadtführern aus Berlin nach Sachsenhausen kommen, sei von 158 000 im Jahr 2018 auf voraussichtlich mehr als 180 000 gestiegen.

In der KZ-Gedenkstätte Ravensbrück sei die Besucherzahl mit rund 110 000 konstant geblieben, sagte Drecoll. In den beiden kleineren Gedenkstätten in Brandenburg/Havel sei ein Zuwachs zu verzeichnen. In der Euthanasiegedenkstätte sei die Besucherzahl um rund 18 Prozent auf mehr als 5600 gestiegen. In der im April 2018 eröffneten Gedenkstätte Zuchthaus Brandenburg-Görden seien rund 2300 Gäste gezählt worden. epd

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