Das Raumschiff ist gelandet

Das Internationale Congress Centrum (ICC) steht jetzt unter Denkmalschutz

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

Das wuchtige Gebäude des Internationalen Congress Centrums Berlin (ICC) mit seiner exponierten Lage zwischen dem Messedamm und der Autobahn A100 ist ein Statement. Und dabei soll es auch bleiben. Die vom Senat jetzt bekanntgegebene Entscheidung des Landesdenkmalamtes Berlin, das ICC im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf unter Denkmalschutz zu stellen, ist ein Bekenntnis des Landes zu einer Ikone der Berliner Nachkriegsarchitektur und zu einem städtischen Wahrzeichen.

Wer in der Spätzeit des Kalten Krieges über die Transitautobahn, Dreilinden und die Avus kommend in West-Berlin eintraf, wurde eben nicht nur aus der Ferne durch den DDR-Fernsehturm begrüßt, sondern auch von dem als Ort internationaler Kommunikation errichteten Kolossalbau beeindruckt. 313 Meter lang, 89 Meter breit, fast 40 Meter hoch, mit futuristisch gestaltet, mit einer Fassade aus schimmerndem Aluminium.

Kultursenator Klaus Lederer (LINKE), zuständig für die oberste Denkmalschutzbehörde des Landes, schrieb auf Twitter: »Das ICC ist ein Wahrzeichen von Berlin, eine einzigartige Großstadtskulptur und monumentale Landmarke, die Berlin als Stadt der Zukunft kennzeichnet. Seine Bedeutung reicht weit über Berlin hinaus, das ICC ist schließlich einer der wichtigsten deutschen Bauten der Nachkriegszeit.«

Landeskonservator Christoph Rauhut ist hoch zufrieden mit der Entscheidung. »Es ist ein positiver Schritt, weil alle Beteiligten wollen, dass das ICC als Kongresszentrum erhalten bleibt und sobald als möglich der Öffentlichkeit auch wieder zugänglich gemacht wird«, sagte er dem »nd«. Auch wenn das Zeit brauche. Rauhut bezog sich in diesem Zusammenhang auf den bereits 2015 vom Senat gefällten Beschluss, das ICC zu sanieren und zu einem modernen, flexibel nutzbaren Kongresszentrum zu entwickeln. Als mittelfristigen Finanzbedarf für Schadstoffbeseitigung und technische Ertüchtigung hatte das Land zunächst 200 Millionen Euro veranschlagt, darüber hinaus sollten weitere 300 Millionen Euro durch private Investoren und über Fördermittel aufgebracht werden.

Aus Sicht des Landeskonservators schafft die Unterschutzstellung diesbezüglich Planungs- und Rechtssicherheit für künftige Investoren. Das sei hilfreich für das seit dem Frühjahr laufende Interessenbekundungsverfahren. Auch in Sachen Schadstoffbelastung liefen derzeit neue Untersuchungen, die Klarheit über mögliche Kosten einer Beseitigung erbringen sollen. Technisch bedürfe das ICC dringend eines Updates, denn in die Ausstattung sei in den vergangenen Jahren zu wenig investiert worden. »Darüber hinaus ist es ein Glücksfall, dass das ICC in einem guten Zustand und noch viel aus der Bauzeitphase erhalten ist«, sagte er. Farben, Materialien, Kunstwerken und Ausstattungsgegenständen seien meist noch komplett erhalten ist. »Wir werden uns dafür einsetzen, dass das ICC als Gesamtkunstwerk erhalten bleibt.«

Das ICC gilt als eines der weltgrößten Kongresszentren. Es verfügt über eine ausgezeichnet Verkehrsanbindung. Mit 200 000 Quadratmetern variabel nutzbarer Bruttogeschossfläche, vielfältigen Serviceeinrichtungen und direkten Anschluss an das Messegelände ist es ein Haus der Superlative. Doch für die Messe Berlin ließ sich das ICC auf Dauer nicht wirtschaftlich rentabel unterhalten und betreiben. Sie schloss es im April 2015. Zwischen Dezember 2015 und Juni 2017 diente es dann noch als Notunterkunft und Erstanlaufstelle für Flüchtlinge. Nachdem Experten eine hohe Asbestbestbelastung des Gebäudes festgestellt hatten, schien sogar ein Abriss denkbar. Anders als beim politisch gewollten Verschwinden des Palastes der Republik in Mitte, wird das ICC bleiben. Landeskonservator Rauhut bedauert die Entscheidung, den Palast abzureißen. Man würde sie heute so nicht mehr treffen.

Dass das ICC nicht jedermanns Geschmack treffen würde, haben seine Schöpfer, die Berliner Architekten Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte, nach deren Plänen es zwischen 1975 und 1979 erbaut wurde, gewiss geahnt. Kosenamen wie »Raumschiff« oder »Panzerkreuzer Charlottenburg«, die die Berliner ihm zugeschrieben haben sollen, haben ihrem Werk nichts anhaben können.

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