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Überfrachtung wäre gefährlich

Nicolas Šustr über den geplanten Mietendeckel

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Dass das Berliner Verwaltungsgericht den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf am Dienstag dazu verdonnerte, eine Abrissgenehmigung für einen Altbau zu erteilen, obwohl im geplanten Neubau rechnerisch mehr als das Doppelte der im Zweckentfremdung-Gesetz verfügten 7,92 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter fällig werden, ist ein Warnschuss für das Gesetzesvorhaben Berliner Mietendeckel. Denn nicht alles, was politisch und aus Mietersicht wünschenswert ist, muss in dem Gesetz gut aufgehoben sein.

Schon bei der Formulierung der Verordnung zur Zweckentfremdung wurde gewarnt, dass der Abriss preiswerten Wohnraums zugunsten des Baus von Eigentumswohnungen zwar ein soziales Ärgernis ist, jedoch weiterhin dem Zweck des Wohnens diene. »Die Zweckentfremdung ist blind bei Mietpreisen«, formuliert es ein Jurist.

Auch im vertraulichen Papier zum Mietendeckel der Stadtentwicklungsverwaltung finden sich Dinge, die von der Sache gewogenen Juristen als geradezu »suizidal« für ein Gesetz bezeichnet werden. Zu nennen ist der geplante Genehmigungsvorbehalt für Eigenbedarfskündigungen durch Wohnungseigentümer.

Ein besserer Schutz ist nötig, genau wie der Erhalt preiswerter Wohnungen. Die Koalition wäre jedoch schlecht beraten, ein Gesetz, mit dem juristisches Neuland betreten wird, zu überfrachten. Mit juristischer Gegenwehr ist fest zu rechnen. Der ehemalige Berliner Justizsenator und jetzige Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann (CDU) hat im »Tagesspiegel« schon die Einleitung eines Normenkontrollverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt. Und so kann es durchaus sein, dass noch der eine oder andere aus Mietersicht sympathische Punkt abgeschwächt oder gar nicht mehr im Gesetzentwurf auftaucht. Eines dürfen die Koalitionspartner nicht vergessen: Es gibt zwar ein Recht auf Eigentum, die Rendite wird allerdings nicht vom Grundgesetz geschützt.

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