Caffier scheitert mit »Ferienhaus-Klage«

Gericht: SPD-Politiker darf weiterhin äußern, des Innenministers Ferienhaus sei rechtswidrig gebaut worden

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Zur Riege solch dickhäutiger Politiker wie CSU-Urgestein Franz-Josef Strauß oder SPD-»Onkel« Herbert Wehner zählt Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier offenbar nicht. Während sich jene längst verstorbenen Größen auch angesichts bösester An- und Vorwürfe allenfalls schüttelten und verbal zurückkeilten, aber keinesfalls nach dem Kadi riefen, hatte der oberste Sicherheitspolitiker des Nordostens sogleich die Justiz bemüht, als ihn ein Kreistagspolitiker der SPD ärgerte. Günther Jikeli heißt der Mann, und er hatte geäußert, das Ferienhaus, das sich Caffier 2006 auf der Insel bauen ließ, sei nicht unter rechtmäßigen Voraussetzungen hochgezogen worden.

Caffier verklagte den jetzt 74-Jährigen Günther Jikeli auf die Unterlassung jener Behauptung. Doch damit nicht genug: Auch Schmerzensgeld wollte Minister Caffier haben, so viel Leid hatte er vermutlich empfunden durch die Worte des Sozialdemokraten. Der sollte dem Ressortchef, dessen monatliches Grundgehalt bei 13 000 Euro liegen dürfte, 2000 Euro zahlen. »Wegen unrichtiger und zugleich verächtlich machender Tatsachenbehauptung«, begründeten die Anwälte Caffiers diese Forderung. Doch mit beiden Anträgen ist der Innenminister im voll besetzten Sitzungssaal des Landgerichts Stralsund durchgefallen. Das Gericht wies die Klage ab. Und statt Schmerzensgeld zu bekommen, muss Caffier nun selbst zahlen: die Gerichtskosten.

Ob der seit Jahren schwelende Streit um Kommentare zu Caffiers Ferienhaus damit beendet ist, oder ob der gescheiterte Klageführer gegen die Entscheidung des Gerichts Rechtsmittel einlegt, steht noch nicht fest. Wohlgemerkt: Es ging in der Verhandlung in Stralsund einzig und allein um die Äußerung Günther Jikelis, nicht jedoch um die Frage, ob Caffiers Ferienhaus rechtmäßig gebaut wurde.

Das Haus steht seit 2006 am Nepperminer See bei Benz auf Usedom. Minister war Caffier damals noch nicht, er fungierte als Generalsekretär der Union im Nordosten. Das Urlaubsdomizil ließ er im Bereich eines Schilfgürtels errichten, und seither bewegen vor allem die Menschen, die sich um die Umwelt sorgen, die Fragen: Durfte dort gebaut werden? Genoss Caffier dank guter Verbindungen auf kommunaler Ebene etwa Sonderrechte beim Kauf des Grundstücks? Kam ihm bei dem Verwirklichen des Bauvorhabens in idyllischer Umgegend vielleicht CDU-Parteifilz zugute? All solche Vermutungen hat der Minister stets zurückgewiesen, er pochte und pocht darauf: Sowohl beim Erwerb des Grundstückes als auch in puncto Bau sei alles rechtmäßig gewesen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hält dagegen, die Genehmigung des Caffier-Baues und weiterer Ferienhäuser im Schilfgürtel sei ein Rechtsverstoß gewesen. Einzige Konsequenz sei nun der Abriss jener Häuser.

Ein anderes Gericht müsste die Rechtmäßigkeit der Bauten beurteilen, bemerkte der Richter, der das Klageverfahren Caffier gegen Jikeli leitete. Dem Minister gab er mit auf den Weg, dass die vom Grundgesetz geschützte Meinungsfreiheit über dem Persönlichkeitsrecht des Klagenden stehe, Deshalb sei es legitim, dass der SPD-Politiker öffentlich etwas kritisiere, dass seiner Meinung nach nicht rechtmäßig sei. Ein Spitzenpolitiker, so der Richter sinngemäß, müsse solche Äußerungen aushalten.

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