»Der Wettbewerb zwischen Fliegern und Zug muss fairer werden«

Grüne fordern Streichung sämtlicher Subventionen für den Luftverkehr / LINKE wollen Abgeordneten keine dienstlichen Inlandsflüge mehr erstatten.

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Berlin. Im Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe fordern die Grünen im Bundestag die Streichung sämtlicher Subventionen für den Luftverkehr. Vize-Fraktionschef Oliver Krischer kritisierte in der »Welt«, dass weder die Energiesteuer auf Kerosin noch die Umsatzsteuer auf internationale Flüge erhoben wird. Auch würden viele defizitäre Regionalflughäfen vom Staat subventioniert. »Zusätzlich trägt die öffentliche Hand einen Teil der Kosten für Starts und Landungen, weil die Entgelte nicht kostendeckend erhoben werden.«

Der Wettbewerb zwischen Fliegern und Zug müsse fairer werden, sagte Krischer. Das durch die Streichung von Subventionen eingesparte Geld wollten die Grünen in die Bahn investieren. »Wir wollen das Bahnnetz deutlich ausbauen und so die Fahrzeit zwischen möglichst vielen Zielen im In- und Ausland auf maximal vier Stunden senken.«

Pläne, das Fliegen zu verteuern, gibt es auch in allen drei Parteien der Großen Koalition, also bei CDU, CSU und SPD. Im Gegenzug könnten Bahntickets im Fernverkehr über eine Steuersenkung günstiger werden. Eine Erhöhung der Abgaben im Flugverkehr könnte Teil eines Pakets werden, auf das sich das Klimakabinett, ein Ausschuss der Bundesregierung, am 20. September einigen will.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat derweil angeregt, den Klimaschutz als verpflichtende Staatsaufgabe im Grundgesetz zu verankern. »Wir stehen vor einer Jahrhundertaufgabe, daher brauchen wir auch einen Jahrhundertvertrag«, sagte er der »Süddeutschen Zeitung«. Mit Blick auf die großen Herausforderungen reiche es nicht, wenn nur die große Koalition entscheide, auch andere Parteien sollten eingebunden werden. Alle politischen Ebenen - Bund, Länder, Kommunen - müssten klären, was sie zum Erreichen der Klimaziele beitragen könnten. Grundgesetzänderungen erfordern eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament.

Weiter sagte er, so ein Staatsvertrag sei zu wichtig, um daraus parteipolitisch Kapital zu schlagen: »Früher sollte es keine Rentenwahlkämpfe geben, jetzt sollte es keine Klimawahlkämpfe geben.« Ein Vorschlag der Grünen, den Klimaschutz ins Grundgesetz aufzunehmen, war im vergangenen Jahr auch am Widerstand der CSU gescheitert. Nun will die CSU zum Vorreiter werden: Es sei Bayerns Ziel, als erstes Bundesland in Deutschland klimaneutral zu sein, erklärte Söder.

LINKEN-Chefin Katja Kipping fordert währenddessen, strengere Regeln für Dienstreisen von Abgeordneten und Ministeriumsmitarbeitern zu erlassen. Flugreisen im Inland sollten ihnen im Regelfall nicht mehr erstattet werden, forderte sie am Sonntag im Sommerinterview des ZDF. Wenn Politiker und Spitzenbeamte dann stärker auf gute Zugverbindungen angewiesen seien, steige auch der Anreiz, in den Bahnverkehr zu investieren.

Nach Angaben des Bundesumweltministeriums schreibt das Bundesreisekostengesetz bislang vor, das jeweils kostengünstigste Verkehrsmittel für Dienstreisen zu nutzen - häufig ist dies wegen der billigen Tickets das Flugzeug. Das Ministerium fordert ähnlich wie Kipping Änderungen. Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit einer Dienstreise sollten künftig gleichrangig bewertet werden, Bahnfahren dann zur Regel werden. Einen entsprechenden Vorschlag hat das Ministerium dem sogenannten Klimakabinett vorgelegt.

Mit Blick auf den Erdüberlastungstag an diesem Montag forderte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt die Bundesregierung auf, umgehend Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte sie: »Wie viele Warnsignale braucht die Bundesregierung denn noch, bevor sie Klima- und Umweltschutz endlich anpackt?« Die derzeitige Entwicklung gehe nicht nur auf Kosten zukünftiger Generationen, sondern betreffe schon die heute lebenden Generationen.

Die Menschheit hat ihr Budget an natürlichen Ressourcen für dieses Jahr rechnerisch an diesem Montag aufgebraucht. Nach neuen Berechnungen der Denkfabrik Global Footprint Network lag der Erdüberlastungstag 2019 damit gleichauf mit 2018 auf dem 29. Juli. Das waren drei Tage vor 2017 und sieben Tage vor 2016. Rein rechnerisch beanspruche die Weltbevölkerung derzeit die Ressourcen von 1,75 Erden. In die Berechnungen fließen zum Beispiel der Verbrauch von Holz, Ackerland und Fischgründen ein, außerdem der CO2-Ausstoß und der Flächenverbrauch. dpa/nd

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