Marsch auf Tripolis
Armee von General Khalifa Haftar will Nationale Einheitsregierung Libyens stürzen
Eigentlich haben die beiden Parallelregierungen Libyens angekündigt, noch in diesem Jahr gemeinsame Wahlen abhalten zu wollen. Doch am Mittwochabend verkündete General Khalifa Haftar eine neue Militäroffensive seiner Libyschen Nationalen Armee (LNA). Das Ziel: Ein Marsch auf Tripolis, um den Westen Libyens von verbliebenen »Terrorgruppen zu säubern«.
Kurz darauf drangen mehrere Konvois der LNA tief in das Gebiet der konkurrierenden Regierung in Tripolis ein. Aktuellen Medienberichten zufolge hat die LNA die vollständige Kontrolle über die Stadt Garyan übernommen.
Haftars Truppen stehen damit nur knapp 100 Kilometer südlich von Tripolis - Hauptstadt der Nationalen Einheitsregierung unter Führung des Ministerpräsidenten Fayez al-Sarraj. Als Reaktion auf das aggressive Manöver seines Kontrahenten ließ dieser den militärischen Notstand ausrufen und das gesamte Truppenkontingent in höchste Alarmbereitschaft versetzten. Das Innenministerium erklärte zudem, es sei bereit, jedem Angriff auf die Hauptstadt entschlossen entgegenzutreten. Es appellierte auch an alle ihm loyalen Milizen, die LNA militärisch aus dem Westen zu vertreiben.
Haftar hatte im Januar bereits eine Offensive im Süden Libyens begonnen, die sich gegen »Terroristen« und Kriminelle richtete. Im Zuge dessen eroberten seine Truppen das größte Erdölfeld des Landes al-Sharara im Südwesten. Zudem hatte er schon mehrfach angekündigt, auf die Hauptstadt Tripolis vorrücken zu wollen - nun scheint es soweit zu sein. Der aggressive Schritt des Generals kommt dennoch zu einem überraschenden Zeitpunkt: Der bei einem Sondertreffen in Abu Dhabi vereinbarte Beschluss, noch vor Ende des Jahres gemeinsame Wahlen zu organisieren, ist erst wenige Wochen alt. Zudem ist ab dem 14. April in der Stadt Ghadames eine dreitägige Nationalkonferenz geplant. Dort sollen Vertreter der beiden Regierungen einen konkreten Fahrplan zur Durchführung der angekündigten Wahlen ausarbeiten.
Mit der aktuellen Militäroperation möchte General Haftar seine Überlegenheit gegenüber der in den vergangenen Jahren stark geschwächten Regierung im Westen demonstrieren. Ob seine Truppen tatsächlich die Hauptstadt Tripolis direkt angreifen und damit auf eine Eskalation des innerlibyschen Konflikts setzen, bleibt abzuwarten.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres ist zurzeit auf Besuch im Krisenland. Er zeigte sich besorgt über die angekündigte Offensive gegen die international anerkannte Regierung. »Nur ein innerlibyscher Dialog kann die libyschen Probleme lösen«, erklärte Guterres am Donnerstag über Twitter. Er rief die Konfliktparteien zu Ruhe und Zurückhaltung auf. Doch dafür ist es bereits zu spät.
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