Rohe Routine

Uwe Kalbe zur Gewöhnung an eine unmenschliche Flüchtlingspolitik

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.

Familien von Bürgerkriegsflüchtlingen reisen inzwischen in der erlaubten Höchstzahl ein. Und wie die Details zeigen, werden sogar die nicht ausgeschöpften Kontingente aus dem letzten Jahr ausgeglichen. Es dürfen also vorübergehend ein paar mehr als 1000 Menschen monatlich kommen, obwohl Horst Seehofer sich diese Kulanz doch mit weiteren Zugeständnissen des Koalitionspartners SPD vergolden lassen wollte. Ist mithin alles in Butter, der Minister gar von einem Hauch Menschlichkeit beseelt?

Wer das glaubt, traut Seehofer vermutlich auch einen doppelten Salto zu. Dessen weitere Verschärfungen des Asylrechts laufen längst durch die Planungsmaschinerie der Ministerien. Und eine freundliche Familienpolitik für Geflüchtete ist nicht vorgesehen, auch nicht bei der Zusammenführung. Dass die Bürokratie Monate brauchte, bis sie nun endlich die Zahl der Visa dem Bedarf anpasst, ist ganz in Seehofers Sinne. Die Große Koalition spielte erbarmungslos auf Zeit - seit sie den Nachzug vor drei Jahren ganz aussetzte und dann gedrosselt erlaubte, sind die Betroffenen emotional in Schach gehalten worden. Letztlich mit dem Kalkül, dass Flüchtlinge das Land ohne ihre Angehörigen wieder verlassen könnten. In einer nicht genau bestimmten Zahl von Fällen hat das auch geklappt.

Seehofer ficht das nicht an. Auch dies nicht: Wenn die deutsche Bürokratie nun endlich auf Touren ist und 1000 Visa pro Monat schafft, wird es noch genau drei Jahre dauern, bis die letzten Familien wieder vereint sind. Gerechnet von heute ...

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -