Heimat im guten wie im schlechten Sinne
Sucher, Schwärmer, Verlorene - Neuerscheinungen am nd-Stand in Leipzig
Philipp Böhms Helden arbeiten in einer Fabrik in einem Kaff, Hartmann kümmert sich um Jakob, den Zugezogenen. Dann verschwindet Hartmann und Jakob macht sich auf die Suche. Immer lebensfeindlicher wird die Stadt, immer bedrohlicher für ihre Bewohner. Das Leben wird zum Zombiefilm, in dem der »Schellenmann« seine Kreise zieht. Eine Parabel auf die Abgründe in einem verlorenen Land.
Philipp Böhm:
Schellenmann
Verbrecher Verlag, 104 S., 16 €
online: dasND.de/Schellen
Lina Atfah:
Das Buch von der fehlenden Ankunft. Gedichte aus Syrien
Pendragon, 152 S., brosch., 22 €
online: dasND.de/Syrien
Sandra Brökel:
Das hungrige Krokodil. Ein Familienroman
Pendragon, 320 S., brosch., 16 €
online: dasND.de/Krokodil
Emanuel Maeß:
Gelenke des Lichts
Wallstein, 254 S., geb., 20 €
online: dasND.de/Licht
Alexander Suckel:
Lipatti
Mitteldeutscher Verlag, 192 S., brosch., 12 €
online: dasND.de/Lipatti
Emanuel Maeß’ Welt beginnt in Thüringen, fließt über von Leben, Natur, Musik, Ideen und der hohen Liebe zu einem Mädchen. Jeder Moment, jedes Fleckchen wird zu einem Wunder; der Erzähler, den es nach Freiburg und Cambridge verschlägt, könnte fast zu elitär erscheinen, erdete die elegante, lustvolle Sprache nicht zugleich den Höhenflug und nähme den Schwärmer aufs Korn.
Alexander Suckel wiederum ist Fritz Rudolf Fries ein Bruder im Geiste. Er startet mit einem Mord im verschlafenen Wittenberg zu einer Indizienjagd, als der arbeitslose Eisenbahntechniker Kruse den Nachlass des längst verstorbenen Onkels erhält sowie einen mysteriösen Brief, der ihm dringend davon abrät, sich mit der Sache zu befassen. Kruse folgt dem Rat nicht, er hat ja Zeit, landet in einer verramschten DDR-Künstleragentur, einer Dreiecksbeziehung - und schließlich in einer Kneipe der 1940er Jahre in Neapel unter deutscher Besatzung. Großes Kino!
Sandra Brökel erzählt die Geschichte des Pavel Vodák, dessen Traum von Demokratie 1968 in Prag endet. Er plant die Flucht, doch Tochter und Schwiegermutter ahnen nichts von seinen Plänen, als er sie auf einen vermeintlichen Jugoslawienurlaub mitnimmt.
Lina Atfah wurde in Syrien der Gotteslästerung und Staatsbeleidigung beschuldigt und reiste nach Deutschland aus. Ihre Gedichte sprechen vom Wert der Heimat, wenn man diese verloren hat und in der neuen Heimat Zugehörigkeit erschwert, verweigert wird. Heimat ist beides: Liebe und Schönheit wie Scham und Verbrechen. mps
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.