Drei Pullover und zwei Häkelblusen übereinander

Seit sieben Jahren plagen sie Heizungsausfälle, berichtet eine Deutsche-Wohnen-Mieterin vom Kottbusser Tor

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

»Ich trug drei Strickpullover und zwei Häkelblusen übereinander, dazu zwei paar dicke Strümpfe und Handschuhe«, berichtet Claudia Harzer. Sie ist Mieterin des Hauses Kottbusser Straße 15 in Berlin-Kreuzberg. Tage-, zum Teil wochenlang waren in den Beständen der Deutsche Wohnen am Kottbusser Tor die Heizungen ausgefallen (»nd« berichtete), auch die Warmwasserversorgung war betroffen. Es geht um rund 450 Wohnungen. »Bei mir in der Wohnung waren 13,5 Grad«, schildert die Rentnerin.

Seit 1979 lebt Harzer in dem Haus. »Bis 2011 gab es eigentlich kein Problem mit der Heizung«, sagt sie. Die Ausfälle hätten im Winter 2012/2013 begonnen. »Inzwischen passiert das fast immer, wenn es gegen null Grad geht. Und immer am Wochenende«, so Harzer. Die Bilanz für diesen Winter: Seit Dezember blieb ihre Wohnung bisher an 13 Tagen kalt.

Für jeden Tag ohne Heizung gestehe die Deutsche Wohnen ihr 80 Prozent Mietminderung zu, außerdem würden ihr pauschal fünf Euro für die Stromkosten der zur Verfügung gestellten Radiatoren gutgeschrieben, berichtet Harzer. »Das ist zu wenig«, sagt die Mieterin. Allein ihre Stromkosten lägen eher bei »sechs Euro irgendwas«, hat sie errechnet. »Und da heize ich nicht den ganzen Tag mit dem Ding.« Außerdem habe sie eigentlich Anspruch auf eine hundertprozentige Mietminderung. Das werde sie allerdings nicht einfordern. »Das artet in einen umfangreichen Schriftwechsel aus und bringt am Ende doch nichts«, so ihre Erfahrung.

Die Friedrichshain-Kreuzberger Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) hat einen Brief an den Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn verfasst. Immer wieder erhalte sie Meldungen über Heizungs- und Warmwasserausfälle in den Beständen des Konzerns, schreibt sie. »Entgegen Ihrer persönlichen Zusicherung in einer Anhörung des Abgeordnetenhauses im Februar 2017 hat sich die Situation scheinbar nicht wesentlich verbessert«, hält sie Zahn vor. »Da Ihnen dies selbst in den Gebäuden am Kottbusser Tor nicht gelungen ist - auf denen bekanntermaßen eine nicht unerhebliche politische und mediale Aufmerksamkeit liegt - muss ich davon ausgehen, dass die Zustände andernorts nicht besser sind«, schlussfolgert Herrmann. Im Frühjahr solle die Heizungsanlage dort erneuert werden, lässt die Deutsche Wohnen auf nd-Anfrage verlauten.

»Unser Ziel muss es sein, dass auch die Häuser auf der Südseite des Kottbusser Tors in Landesbesitz kommen«, sagt Sandy Kaltenborn, der sich beim Volksbegehren Deutsche Wohnen und Co enteignen engagiert. »Ich habe keine andere Idee mehr im Kopf außer der Rekommunalisierung«, so Kaltenborn weiter. Im April soll die Unterschriftensammlung beginnen.

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