Das »schwarze Dreieck« ist doch geräumt

Bemühungen um das Leipziger Gelände wird es zukünftig geben

  • Hendrik Lasch, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.

In der kurzen Zeit seines Bestehens hat das »Black Triangle« in Leipzig ein kleines Stück Rechtsgeschichte geschrieben. Im Sommer 2017 befasste sich der Bundesgerichtshof (BGH) auf Antrag der Deutschen Bahn AG (DB) mit der Frage, wie die gut ein Jahr zuvor begonnene Besetzung eines früheren Umspannwerks der Bahn im Leipziger Süden zu beenden sei. Eine Räumung per einstweiliger Verfügung komme jedenfalls nicht in Frage, urteilte der BGH - weil die Besetzer nicht zweifelsfrei zu identifizieren seien.

Gut anderthalb Jahre später ist das »schwarze Dreieck« doch wieder in der Verfügungsgewalt der DB. Am Dienstag rückte die Polizei an, versehen mit einem Durchsuchungsbefehl, der auf einem Ermittlungsverfahren wegen Hausfriedensbruch beruht. Die Besetzer hatten das Areal zuvor verlassen. Widerstand gab es nicht, dafür am Mittwoch eine Demonstration mit 1000 Teilnehmern.

Das »Black Triangle« galt als ein wichtiger Treffpunkt der linksalternativen Szene. Die Besetzer, die sich nach dem Namensgeber der angrenzenden Straße »Kulturkollektiv Arno-Nitzsche« nannten, richteten auf dem von Gleisbögen begrenzten, lange verwahrlosten Areal Konzerte aus; es gab einen Umsonstladen, eine Volksküche, Sauna, Sporträume. Besucher des Geländes, auf dem ein großer Backsteinbau dominiert, wurden von einer mit Graffiti versehenen Barrikade aus Schrottautos begrüßt sowie einer Tafel mit dem Motto: »Besetzt bleibt besetzt«.

Allerdings habe es auch Versuche gegeben, diesen Status zu ändern, sagt Juliane Nagel, Landtagsabgeordnete der LINKEN. Im November 2018 hätten Mediatoren im Auftrag der DB Gespräche mit den Besetzern gesucht; Ziel sei eine Legalisierung der Besetzung gewesen. Allerdings seien die Aktivitäten am Jahresende ohne Begründung auf Eis gelegt worden - womöglich aus Sorge vor Haftungsfolgen. Die »Sächsische Zeitung« zitiert einen Sprecher der DB mit den Worten, man wolle »keine illegale Nutzung« der Fläche: »Es ist unser Gelände, wir tragen die Verantwortung für die Sicherheit.«

Nagel bedauert, dass mit dem »Black Triangle« ein Freiraum in der Stadt verschwunden ist. Mitschuld gibt man in der Szene aber auch dem »Kulturkollektiv«. In einem auf Indymedia veröffentlichten Text von »Solidarischen Kiezbewohner*innen« heißt es, vom emanzipatorischen Anspruch sei am Ende nicht mehr viel übrig gewesen, Kritiker seien verdrängt worden; auch von Sexismus und gewalttätigem Verhalten ist die Rede. Die jetzt erfolgte Räumung sei »auch ein Versagen der solidarischen linken Strukturen«.

Nagel hält es indes nicht für ausgeschlossen, dass sich andere Gruppen in Leipzig um eine nichtkommerzielle Entwicklung des Areals bemühen, das wegen seiner Topografie für den Bau von Wohnungen eher unattraktiv ist. Der DB-Sprecher sagte der »Leipziger Volkszeitung«, man sei »weiter in alle Richtungen gesprächsbereit«; wer ein Interesse an der Nutzung habe, solle sich melden.

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