Mörder wegen überlangen Verfahrens auf freiem Fuß

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Brandenburg/Havel. Überlange Verfahrensdauer ist der Grund dafür, dass das Oberlandesgericht Brandenburg in der vergangenen Woche einen wegen Mordes verurteilten Mann aus der Haft entlassen hat. Die Begründung der Entscheidung sei den Prozessbeteiligten zugesandt worden, sagte eine Gerichtssprecherin am Dienstag. Das Urteil habe erst nach viereinhalb Monaten rechtskräftig zugestellt werden können, weil das Protokoll der Hauptverhandlung verspätet unterzeichnet worden sei, heißt es in dem Beschluss. Dadurch sei das Revisionsverfahren erheblich verzögert worden. Eine Fortdauer der Untersuchungshaft für den Mann aus Stahnsdorf (Potsdam-Mittelmark) sei daher unverhältnismäßig. Der 64-Jährige war im Februar wegen Mordes an seiner Ehefrau vom Landgericht Potsdam zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Nach Überzeugung der Richter war er am 1. Weihnachtsfeiertag 2015 absichtlich mit der 57-Jährigen im Auto auf einer Landstraße gegen einen Baum gefahren. Während der damals 63-Jährige schwer verletzt überlebte, starb die Frau an ihren Verletzungen. Das Gericht ging davon aus, dass der Mann wegen schwerer Depressionen einen erweiterten Suizid geplant hatte. Gegen das Urteil hatte er Revision eingelegt.

Linksfraktionschef Ralf Christoffers erklärte am Dienstag, die rot-rote Koalition wolle im Haushalt 2019/2020 zusätzlich sieben Millionen Euro für 100 zusätzliche Stellen in der Justiz bereitstellen. »Im Übrigen habe ich nur Unverständnis dafür, dass ein Verurteilter freigelassen werden muss, weil ein Protokoll nicht rechtzeitig unterzeichnet wurde«, meinte Christoffers. Der Fall solle auch im Rechtsausschuss diskutiert werden, sagte Christoffers. Der SPD-Abgeordnete Björn Lüttmann räumte ein, bei der Justiz sei in den vergangenen 15 Jahren massiv Personal eingespart worden. Aber damit sei nun Schluss. dpa/nd

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