Ein Handyverkäufer als »Soldat Erdogans«

Unter den Augen deutscher Behörden befehligt Ankara eine rechtsextreme »Sicherheitstruppe«

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.

Eigentlich verkauft Nuri Harmankaya in Hamburg Handys und passende Verträge. Doch nun macht der 41-jährige Türke - sicher sehr zu seinem und dem Ärger seiner Auftraggeber - Schlagzeilen als Kopf von »Team Yörükoglu Europa«. Die Truppe tritt in Deutschland als Sicherheitspersonal für türkische Regierungsvertreter auf. Zuletzt bei der von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan in Köln vollzogenen Eröffnung einer Ditib-Moschee. Dabei sperrte das »Team Yörükoglu« die Straße - mit Polizeiabsperrband. Auch beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg sorgten Nuri Harmankaya und seine Männer für den Schutz Erdogans. Fotos und Videos mit und ohne Staatspräsident belegen das. Auf einige ist Harmankaya - wie er dem NDR offenbarte - besonders stolz: »Erdogan war sehr lieb zu uns. Er wollte unbedingt jedes Mal, wenn er uns gesehen hat, ein Foto machen.«

Brisant sind Harmankayas Fotosammlungen aus anderen Gründen. Beim G20-Treffen posierten Harmankaya und seine Gruppe vor der türkischen Regierungsmaschine. Generell, besonders aber während des Gipfeltreffens war der Hamburger Flughafen ein Hochsicherheitsareal. Wer hat die Sicherheitstruppe des Handyverkäufers dort und in anderen sensiblen Bereichen eingesetzt? Das allein zuständige Bundeskriminalamt (BKA) war es nach eigenem Bekunden nicht. Logisch, schon weil Harmankaya seit Juni 2017 wegen unerlaubten Waffenbesitzes vorbestraft ist. Die Polizei hatte bei dem Mann, der bereits »kriminalpolizeilich in Erscheinung« getreten ist, eine illegale halbautomatische Kurzwaffe und Munition gefunden.

Harmankaya behauptet, das türkische Generalkonsulat in Hamburg und Vertreter der Regierungspartei AKP hätten ihn mit Sicherheitsjobs beauftragt. Auch damit, Landsleute zu bespitzeln und einzuschüchtern? In sozialen Netzen treten Harmankaya und seine »Soldaten Erdogans« bedrohlich auf: »Wer unseren Anführer unglücklich macht, den machen wir unglücklich.« Mitglieder der Truppe, zu der nach Harmankaya Aussage bis zu 300 Männer gehören, zeigen den sogenannten Wolfsgruß - ein Erkennungszeichen der gewalttätigen »Grauen Wölfe«. So bezeichnen sich Anhänger der »Ülkücü«-Bewegung. Die wird sogar vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistisch bewertet und vom Hamburg Amt beobachtet.

2017 hatte Ankaras Außenminister für einen Eklat gesorgt, als er - auf diplomatischem Parkett in Hamburg - mit diesem Gruß seinem »Jubelvolk« dankte.

In Österreich kommt der »Wolfsgruß« demnächst wohl auf den Index. Auch in Deutschland gibt es Verbotsbestrebungen, unter anderem in der CDU. Dem stimmt die Vizechefin der Bundestagslinken, Sevim Dagdelen, zu, denn der »Wolfsgruß« sei durchaus mit dem Hitler-Gruß vergleichbar.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.