Eine gefährliche Stadt für Backpacker

Warnung an Australienreisende: In Mildura werden arglose Ferienarbeiter abgezockt und ausgebeutet

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 3 Min.

Klickt man auf die »Visit Mildura«-Webseite, so könnte man glauben, das kleine Städtchen mit seinen etwas über 30 000 Einwohnern sei Idylle pur: Obstplantagen, Raddampfer auf dem Murray River, Nationalparks und faszinierende Outbacklandschaften ziehen dort in einer Slideshow vorüber. Doch eine aktuelle Reportage, die eine britische Filmemacherin während ihres eigenen Working-Holiday in Australien drehte, zeichnet Mildura als einen der Orte, die einen schlechten Ruf unter Rucksackreisenden haben. Katherine Stoner berichtete dem australischen Nachrichenmagazin News.com.au von Betrügereien, nicht ausgezahlten Löhnen und üblen Arbeits- und Lebensbedingungen, die sie während der Dreharbeiten erlebt habe.

Knapp 400 Kilometer von Adelaide und 550 Kilometer von Melbourne entfernt ist Mildura eines der landwirtschaftlichen Zentren Australiens, die Rucksackreisende ansprechen, da es eine große Auswahl an Farmen gibt. Der Nachweis dieser ländlichen Arbeit wiederum erlaubt es den jungen Reisenden, ihr Working-Holiday-Visum um ein zweites Jahr zu verlängern. 88 Tage Arbeit sind dafür notwendig.

Stoner selbst war in Mildura und dort - wie sie berichtete - bizarrer sexueller Belästigung ausgesetzt. Außerdem verwies die Filmemacherin auf soziale Medien und Reiseblogs, die mit Horrorgeschichten von Backpackern gefüllt seien. »Wenn ein Backpacker sagte, dass er in Mildura arbeiten wolle, dann gab es immer einen anderen, der eine Horrorgeschichte gehört oder selbst eine erlebt hatte«, erzählte sie.

Die negativen Berichte beziehen sich auf Farmen wie auch auf die Unterkünfte und den Ort selbst. Auf einer Seite, die Jugendherbergen in Australien bewertet, schreiben Reisende beispielsweise über ihre Unterkunft: »Es war mein schrecklichstes Erlebnis in Australien«, »Lügen über Lügen« oder »Geht da nicht hin!«. Andere kommentierten gar, dass Mildura eine »gefährliche Stadt für Außenstehende« sei.

Manche der Bewertungen sind älteren Datums, doch auch aktuelle Berichte deuten daraufhin, dass manche der Herbergen zu viele Jobs versprechen und diese Versprechen dann nicht halten können. »Die Besitzer versuchen einen einzufangen, indem sie Arbeit versprechen, doch dann gibt es die nicht und sie nehmen Geld für die Miete«, schrieb eine Reisende im April. Eine Irin kommentierte im gleichen Monat, sie habe Mildura mit »sehr wenig Geld« wieder verlassen.

Gemeinderat Glen Milne sagte der Filmemacherin, dass die Stadt bereits an dem Problem arbeite und versuche, ihr Image wieder aufzubessern. Vor allem im Falle der Jugendherbergen sei dies aber oftmals schwierig, da sie vor einer Inspektion informiert werden müssten und dann natürlich aufräumen würden. Stoner berichtet auf ihrer Webseite zur Dokumentation beispielsweise von verschmutzten Unterkünften, die mit Ratten verseucht gewesen seien.

Eine Studie zweier australischer Universitäten aus dem Jahr 2017 zeichnete ebenfalls kein positives Bild des Working-Holiday-Programms. Sie kam zu dem Schluss, dass Rucksacktouristen in Australien ausgebeutet werden. Neben einer teils drastischen Unterbezahlung stießen die Wissenschaftler auch auf kriminelles Verhalten mancher Arbeitgeber, die Pässe der Reisenden konfiszierten oder Teile des Lohnes zurückverlangten, damit die jungen Leute ihren Job behalten konnten.

Zuletzt hatte die Situation der Backpacker in Australien im Juli 2017 internationale Schlagzeilen gemacht. Damals hatte die Mutter einer ermordeten Rucksackreisenden einen offenen Brief über den sexuellen Missbrauch und die harten, teils gefährlichen Arbeitsbedingungen auf den Farmen geschrieben.

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