Bis zur nächsten Mieten-Großdemo

Initiativen und Verbände haben neue Ziele nach alternativem Wohngipfel

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Jetzt machen wir uns daran, nächstes Jahr eine richtig gute bundesweite Großdemo zum Thema Mieten und Verdrängung zu machen«, sagt Magnus Hengge von der Kreuzberger Nachbarschaftsinitiative Bizim Kiez. Er war einer der Mitorganisatoren des Alternativen Wohngipfels am Donnerstag. Er wurde als Gegenveranstaltung zum von der Bundesregierung am Freitag organisierten Treffen, bei dem vor allem Lobbyverbände der Immobilienwirtschaft geladen waren.

Die Ergebnisse des Gipfels unter dem Innen-, Heimat-, und auch Bauminister Horst Seehofer (CSU) sind vage. Aus Berliner Sicht noch am vielversprechendsten ist der in Aussicht gestellte verbilligte Verkauf von Grundstücken der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) an das Land. Darüber werde nach Angaben des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) bereits seit geraumer Zeit verhandelt. Er äußerte nach dem Gipfel die Hoffnung, dass auch andere Liegenschaften des Bundes wie der Bahn oder der Post den Kommunen in vereinfachten und beschleunigten Verfahren zur Verfügung gestellt werden könnten.

Immerhin sprach Müller auf der Pressekonferenz auch die Themen Modernisierungsumlage, Mietpreisbremse und Mietspiegel an, zu denen es auch eine Bundesratsinitiative der Hauptstadt gibt. Er verstehe den Gipfel als »wichtigen Auftakt«, der »keineswegs abschließend mit dem ist, was wir heute miteinander vereinbart und uns vorgenommen haben«.

»Es wären gute Nachrichten für die Hauptstadtregion, wenn Wohnen und Stadtentwicklung endlich auch im Bund zur Chefsache würden. Es wäre höchste Zeit«, gibt sich Maren Kern, Vorstand des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen deutlich skeptisch. »Inwieweit nach den Ereignissen im für Bauen zuständigen Bundesbauministerium eine rasche Umsetzung möglich ist, bleibt allerdings abzuwarten«, schränkt sie noch ein. Sie spielt an auf die mögliche Entlassung des Bau-Staatssekretärs Gunther Adler (SPD) in Seehofers Bundesministerium in Folge der zunächst vereinbarten Personalrochade im Zusammenhang mit dem äußerst umstrittenen Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen (CDU).

Dieser Vorgang war auch für Hengge die tatsächliche Überraschung rund um den Wohngipfel, nämlich dass Seehofer den einzigen in Wohnungs- und Baufragen kompetenten Staatssekretär aus seinem Ministerium schmeißen will.

Für den Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, war der Gipfel »nichts anderes als eine PR-Show«. »Die großen Gewinne lassen sich durch Verdrängung erzielen«, beschreibt Hengge die Situation nicht nur auf dem Berliner Wohnungsmarkt. Gleichzeitig lohne sich der Neubau für Investoren nicht - er »schadet dem Geschäft, ist zu teuer und schmälert die Rendite«, so Hengge weiter.

Weil an dieser Front im Bund viel zu wenig passiert, müssten sich Initiativen und Verbände deutschlandweit »noch besser vernetzen«. »Die Organisation einer Demo als gemeinsames Projekt ist dafür eine sehr gute Möglichkeit«, sagt der Aktivist. Zumal es gelte, »sich noch besser kennenzulernen«, um reibungsloser zusammenzuarbeiten.

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