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Maaßen gibt den Missverstandenen

Verfassungsschutz-Chef gab Chemnitz-Bericht bei seinem Dienstherrn Seehofer ab - nun ist das Parlament dran

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Noch ist der Bericht nicht öffentlich, doch so viel ist bekannt: Hans-Georg Maaßen, Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, rudert zurück. Er fühlt sich missverstanden. Die Taktik ist simpel, die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckart bringt sie auf den Punkt. Maaßen mache, was man »normalerweise von Rechtsradikalen« kennt. »Irgendwas raushauen, es dann relativieren und dann noch mal relativieren.«

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz hatte am Freitag in der »Bild«-Zeitung gesagt, seinem Dienst lägen »keine belastbaren Informationen« darüber vor, dass Hetzjagden in Chemnitz stattgefunden hätten. Schlimm genug, weil blind. Zudem zweifelte er die Echtheit eines erschreckenden Video an: »Es liegen keine Belege dafür vor, dass das im Internet kursierende Video zu diesem angeblichen Vorfall authentisch ist.« Nach seiner »vorsichtigen Bewertung« gebe es »gute Gründe« dafür, dass es sich um eine »gezielte Falschinformation« handele, mit der von dem Mord an einem Deutschen in Chemnitz abgelenkt werden solle. Auch einen Tag danach sprach sein Bundesamt noch von »Fake-News und Versuchen der Desinformation«. Was ist daran falsch zu verstehen?

Deutlich ist, dass der Chef des Inlandsgeheimdienstes sich gegen die Einschätzung der rechtsextremen Krawalle von Kanzlerin Angela Merkel gestellt hat. Und zwar ohne das Kanzleramt über seine widersprechenden Erkenntnisse - so es die gibt - zu informieren. Er mischte sich zumindest verbal in die Ermittlung zuständiger Behörden ein, sprach von »Mord«, obwohl die Staatsanwaltschaft gegen die zwei mutmaßlichen Täter sachgerecht wegen »Totschlag« ermittelt. Belege für seine konträre Einschätzung der Chemnitzer Vorgänge blieb er schuldig.

Maaßens Chef, »Heimatschutzminister« Horst Seehofer (CSU), waren die Äußerungen willkommen. Erstens um zu behaupten, die Vorgänge in Chemnitz seien gar nicht so schlimm gewesen. Zweitens nutzte er die Chance, sich mal wieder an der Kanzlerin zu reiben.

Maaßen kam ihm bei dieser neuerlichen Intrige als Kronzeuge oder Komplize gerade recht. Doch nach geharnischter Kritik, die nicht nur aus Kreisen der Opposition geäußert wurde, ließ Seehofer Maaßen einen Bericht verfassen, denn: »Die Verantwortung für Formulierungen und seine Thesen bleibt natürlich bei ihm.«

In diesem Bericht, den Seehofer bis Dienstagfrüh noch nicht lesen konnte, schränkt Maaßen nach Informationen der »Süddeutschen Zeitung« ein, er habe nur gezweifelt, ob das Video »authentisch« eine Menschenjagd zeige. Auch will er sich an der anonymen und ungeprüften Quelle gestört haben. Verbreitet wurde die Sequenz unter dem Namen »Antifa Zeckenbiss«. Dass sich beim Begriff »Antifa« bei Maaßen die Nackenhaare aufstellen, ist angesichts seiner konservativen Gesinnung nachvollziehbar. Aber: Es gibt keine vernünftigen Zweifel an der Echtheit des Videos. Dafür aber Zeugen, die die Vorfälle belegen.

Maaßen habe daran Anstoß genommen, dass eine linke Gruppe dieses Video unter dem Stichwort »Menschenjagd« verbreitet habe »und das Video an sich diese Menschenjagd nicht belegt«, mutmaßt der CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor im ARD-Morgenmagazin. Eine höchst peinliche Schützenhilfe, die der junge Abgeordnete da anbietet. Obwohl er wie Merkel aus der Uckermark stammt, kann er doch noch einiges lernen, wenn es um das Aussitzen eines Problems geht. Genau das versucht die Kanzlerin gerade. Denn noch einen Regierungsknatsch kann sie sich nicht leisten.

Ein wesentlicher Aspekt des Skandals wird bislang wenig beleuchtet. Maaßens Äußerungen und weitere Indizien sind geeignet, ihm, dem oberstem Verfassungsschützer, Sympathie zu einer Rechtsaußenpartei namens AfD und womöglich sogar zu deren Zusammenspiel mit dem organisierten, gewalttätigen Rechtsextremismus zu unterstellen. Maaßen kann diesem Eindruck am Mittwoch vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium und bei der Sondersitzung des Innenausschuss entgegentreten.

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