Staatshilfe für den Schulbedarf
Mehr als eine Million Kinder in der Bundesrepublik erhalten Unterstützung aus dem Bildungs- und Teilhabepaket
Berlin. Mehr als eine Million Kinder erhalten staatliche Leistungen für die Anschaffung von Schulbedarf. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, erhielten im Februar dieses Jahres 1 006 163 Schulkinder eine entsprechende Unterstützung aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Das waren etwa 5000 mehr als ein Jahr zuvor und 46 000 mehr als im Februar 2016. Zunächst hatte die »Passauer Neue Presse« (Montag) über die Zahlen berichtet.
Den Angaben zufolge, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegen, stand Nordrhein-Westfalen bei der Zahl der Leistungsempfänger mit 300 000 an der Spitze, gefolgt von Niedersachsen (117 000). Obwohl in Berlin deutlich weniger Menschen leben, bekamen dort mit 98 000 deutlich mehr Schulkinder Unterstützung als in Bayern (80 000) und Baden-Württemberg (89 000).
Die Leistung für den Schulbedarf beträgt für Kinder aus Hartz-IV-Haushalten pauschal 100 Euro jährlich. 70 Euro werden mit dem Schuljahresstart ausgezahlt, so auch zum Beginn des Schuljahres 2018/2019, weitere 30 Euro zum Beginn des zweiten Halbjahrs, also jeweils im Februar. Die Zahlen für August 2018 liegen noch nicht vor.
Die LINKE-Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann forderte, den vor zehn Jahren festgelegten Pauschalbetrag anzuheben. Schon im Jahr 2008 habe der statistisch belegte Bedarf bei mehr als 100 Euro gelegen. »Zehn Jahre später ist der Betrag nicht um einen Cent erhöht worden«, sagte sie gegenüber der »Passauer Neuen Presse«. »Es ist daher von einer deutlichen, verfassungswidrigen Unterdeckung auszugehen.«
Der sozialpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Sven Lehmann, erklärte, dass alle Kinder ein Recht auf Bildung und Teilhabe hätten, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Lehmann wies darauf hin, dass ein reiches Land wie Deutschland nicht hinnehmen dürfe, »dass immer mehr Familien sich nicht einmal den Schulbedarf für ihre Kinder leisten können. Auch reichen 100 Euro pro Schuljahr vorne und hinten nicht, wenn seitens der Schulen die Anforderungen für Material weiter steigen.«
Das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) bezeichnete der Grüne als »ein Bürokratiemonster«. Es habe sein Ziel weit verfehlt, »wenn es nur von einer Minderheit der Anspruchsberechtigten tatsächlich genutzt wird«. Anstelle des Bildungs- und Teilhabepakets seien existenzsichernde Regelsätze für Kinder und kostenfreie Angebote vor Ort bei Mittagessen, Nachhilfe, Sport und Kultur notwendig.
Das Bildungs- und Teilhabepaket war im Jahr 2011 unter der damaligen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die heute das Verteidigungsressort leitet, eingeführt worden. Das Paket sieht einen Zuschuss für Familien vor, die schon Sozialhilfe, Wohn- oder Arbeitslosengeld beziehen. Zuschüsse für Schulessen, Nachhilfe, Musikunterricht oder Vereinssport werden nur von gut einem Viertel der Berechtigten genutzt.
Laut Bundesagentur für Arbeit leben knapp zwei Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in Hartz-IV-Haushalten. Mehr als jedes fünfte Kind lebt mit Eltern, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens aller Haushalte verdienen. epd/nd
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