Neues Land, alte Probleme
Was die Programme mit den Hellenen machten
Finanziell: Lagen die Staatsschulden vor der Krise bei rund 300 Milliarden Euro, sind sie auf zuletzt etwa 330 Milliarden gestiegen. Besorgniserregend ist vor allem die Schuldenquote (in Relation zum Bruttoinlandsprodukt) von 180 Prozent, die so hoch ist wie in keinem anderen EU-Land. Momentan stellt das noch kein großes Problem dar: Die EU-Kredite haben eine lange Laufzeit (32 Jahre), die Zinsen sind niedrig (ESM: ein Prozent) oder bis 2023 gestundet (EFSF). Verändert hat sich aber die Gläubigerstruktur: Fast 80 Prozent der Staatsschulden entfallen auf öffentliche Gläubiger der EU und den Internationalen Währungsfonds. Früher dominierten private Investoren wie Banken, Versicherungen, Pensionsfonds und Vermögende.
Wirtschaftlich: Das ohnehin wirtschaftlich schwache Griechenland hat einen in der EU beispiellosen Einbruch des BIP erlitten. Dies ist vor allem auf die Sparauflagen der Kreditprogramme zurückzuführen. Betrug die Wirtschaftsleistung 2010 noch 58,9 Milliarden Euro, fiel sie bis 2014 massiv und hat sich seither auch nur minimal auf 45,2 Milliarden erholt.
Sozial: Die Arbeitslosigkeit stieg von 2010 bis 2013 von 12,7 auf 27,5 Prozent. Erst Mitte dieses Jahr fiel die Quote zumindest wieder unter 20 Prozent. Viele Bürger erlitten aber nicht durch Jobverlust starke Einkommensrückgänge. So wurden als Auflage der Troika mehrfach die Renten gekürzt. Auch sind die Löhne stark gefallen. Insbesondere die Mittelschicht leidet unter starken Eonkommen- und Immobiliensteuererhöhungen, besonders die Unterschicht unter der Erhöhung der Mehrwert- und Energiesteuern. Eine Sozialhilfe gibt es bis heute nicht. 1,5 Millionen Griechen - von etwa 11 Millionen Einwohnern - gelten als extrem arm. Sie sind auf Hilfe ihrer Familien und wohltätiger Einrichtungen angewiesen.
Politisch: Die Krise hat das Parteiensystem verändert. Unter die Räder geriet die sozialdemokratische PASOK, die vor allem in den 1980er und 1990er Jahren meist stärkste Partei war. Sie regierte seit Kurzem wieder, als das erste Kreditprogramm und die ersten Sparpakete geschürt wurden. Die Wut der Bürger über die unsoziale Politik und die Verantwortung der alten Politikergarde bekam die PASOK zu spüren, die quasi zu einer Splitterpartei wurde. Dagegen ist die konservative Nea Dimokratia ähnlich stark wie früher. Weiter rechts außen ist die neofaschistische Chrysi Avgi erstarkt. Die Rolle der PASOK auf der linken Seite übernahm die unorthodoxe, radikallinke SYRIZA, die mit Alexis Tsipras seit 2015 den Ministerpräsidenten stellt. KSte
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