Dammbruch mit schweren Folgen
Laos stoppt alle neuen Vorhaben für Wasserkraftwerke
Die Lage in der Schule des Dorfes Hathyao im District Sanamsay ist angespannt. Seit mehr als zwei Wochen wohnen Menschen in den wenigen Klassenräumen - viel zu viele Menschen. Der Platz ist eng, die Toiletten sind unzureichend. Doch draußen auf dem Gelände der Schule wird bereits gebaut: Behelfsunterkünfte entstehen. In einem Monat sollen sie fertig sein. Dann ist September und in der Schule müsste eigentlich unterrichtet werden. Aber seit dem 23. Juli ist hier in der südlaotischen Provinz Attopeu nichts mehr wie es mal war.
An jenem Tag bracht einer von fünf Satteldämmen eines kurz vor der Fertigstellung stehenden Wasserkraftwerks. Bei einem Höhenunterschied von mehr als 650 Metern jagte ein gewaltige Welle den Berg hinab, zerstörte sechs Dörfer und überflutete in der Ebene des Flusses Sepian weitere sieben. 35 Menschen wurden bisher tot geborgen und noch immer sind mehr als 100 vermisst. Auf die Suche nach ihnen konzentriert sich ein großer Teil der Hilfskräfte, die nach Bekanntwerden der Katastrophe aus dem In- und Ausland anreisten. Für die meisten Helfer geht es vor allem darum, die Lebensbedingungen der mehr als 7000 Bewohner der Gegend erträglich zu gestalten, die meist nicht nur ihr Haus, sondern all ihr Hab und Gut verloren haben. Kein leichtes Unterfangen, sind doch derzeit nach offiziellen Angaben sieben der 13 Notauffanglager nur per Hubschrauber zu erreichen.
Das Wasser hat auch den Straßen und Brücken in der Gegend schwer zugesetzt. Wo es nun allmählich abfließt, lässt es eine zum Teil meterhohe, nur schwer zu durchdringende Schlammschicht zurück. Helfer haben alle Hände voll zu tun, eine weitere Katastrophe zu verhindern - den Ausbruch von Seuchen in den überfüllten und wenig hygienischen Lagern.
Parallel zu den Rettungsarbeiten werden auch andere Stimmen laut. Und die fragen nach der Verantwortung. Schon in einer sehr frühen Stellungnahme hatte der laotische Energie- und Bergbauminister Khammany Inthirath geäußert, die Kraftwerksfirma könne sich dem nicht entziehen. Nun beschloss die Regierung nicht nur die Einsetzung von Untersuchungskommissionen, die einerseits die Rolle der Sepian-Senamnoi Power Company und andererseits die Aktionen der zuständigen laotischen Regierungsstellen untersuchen sollen. Die Regierung ordnete außerdem eine gründliche Inspektion aller bereits fertigen und im Bau befindlichen Wasserkraftanlagen hinsichtlich der Sicherheitsstandards beim Bau und bei der Bauausführung an.
Alle weiterhin geplanten Vorhaben liegen bis zum Vorliegen der Untersuchungsergebnisse und der entsprechenden Umsetzung von Schlussfolgerungen auf Eis. Das ist ein harter Schnitt, hat die laotische Regierung doch dem Ausbau der Wasserkraft als Grundlage der wirtschaftlichen Entwicklung der Volksrepublik höchste Priorität eingeräumt. Ende 2017 waren 46 Wasserkraftwerke in Betrieb und weitere 54 geplant oder im Bau. Kritik an dieser Strategie, die sich bislang überwiegend gegen Vorhaben am Mekong-Hauptstrom richtete, waren bislang stets unter Hinweis auf die angewandten höchsten technischen und Sicherheitsstandards zurückgewiesen worden.
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