Baulärm wie Musik

Mecklenburg-Vorpommern: Am abgesackten A20-Abschnitt geht es voran, sagt der Minister

  • Lesedauer: 3 Min.

Tribsees. Am Dienstag wurde auf der Großbaustelle am ehemaligen Autobahnloch an der A20 bei Tribsees in Mecklenburg-Vorpommern eine Art kleines Richtfest gefeiert. Der 100. von insgesamt 305 Bohrpfählen wurde in den Boden getrieben. Knapp 30 Meter sind die Pfähle lang und 1,20 Meter dick. Auf ihnen wird künftig die 50 Millionen Euro teure und 800 Meter lange Behelfsbrücke liegen, auf der ab Spätherbst der Verkehr rollen soll. Landesverkehrsminister Christian Pegel (SPD), der am Dienstag die Baustelle beuchte, zeigte sich überzeugt, dass der Zeitplan eingehalten wird.

Die rund 80 Männer, die unter sengender Sonne ihre Arbeit machen, sind harte Jungs. »Ich habe einen relativ guten Job hier«, sagt etwa Uwe Marx. Er muss unter anderem darauf achten, dass der Beton nicht zu heiß und zügig eingebracht wird. »Es funktioniert.« Das tut es auch beim Oberpolier Marko Pychynski. »Es ist schon sehr heiß, aber irgendwie geht es schon - es muss.« Solche Zustände wie aktuell mit mehr als 40 Grad in der Sonne habe er bisher nur in Südostasien kennengelernt.

Doch eigentlich ist das Wetter für die Arbeiter und ihren Chef Ronald Normann, Abteilungsleiter Autobahnen im Landesamt für Straßenbau und Verkehr, eher günstig. Ein Regensommer wie 2017 würde die Arbeit erheblich erschweren, die Baustelle auf dem moorigen Untergrund wäre übersät mit Schlammlöchern. Zudem säßen die meisten der Arbeiter in den klimatisierten Baugeräten. »Es bewegt sich kaum einer draußen.« Umgekippt sei jedenfalls noch niemand, für reichlich Getränke sei gesorgt.

»Es sind alle sehr zufrieden, dass etwas passiert«, betont Hartmut Kolschewski, Bürgermeister der von der Umleitung gequälten Gemeinde Langsdorf. Es sei ein Ende absehbar. Den Baulärm, der auch nachts zu hören sei, »den nehmen wir gerne hin. Der ist wie Musik.«

Spannend ist die Arbeit für alle Beteiligten. Teilweise werde Neuland betreten, berichtet Normann. Das gilt vor allem für das Teilstück, auf der vor einiger Zeit noch das dann weithin bekannte Loch klaffte. Die Schwierigkeit, vor der die Bauingenieure stehen, ist der sichere Standplatz für eine der fünf Bohrmaschinen, die die riesigen Pfähle in den Boden treiben. Eine Maschine ist 140 Tonnen schwer.

»Wir schaffen eine plane Fläche. Darauf kommt ein starkes Geotextil, wie eine reißfeste Tischdecke«, erklärt Verkehrsminister Pegel, der inzwischen wohl Vorlesungen für angehende Straßenbauingenieure abhalten könnte. Das Gewicht der Bohrmaschine müsse gleichmäßig verteilt werden. Weil aber die riesige Masse das weiche Bodenmaterial an den Rändern nach außen drückt, müssen die Seiten links und rechts massiv verstärkt werden. »Wir haben nachgerechnet, dass das funktioniert. Die Praxis muss zeigen, ob das tatsächlich stimmt«, sagt Bauingenieur Normann. Klar ist allen Beteiligten, dass genau diese Stelle in der kommenden Zeit die meisten Kopfschmerzen verursachen wird.

Zuvor hatte Pegel davor gewarnt, voreilige Schlüsse über die Ursache des Lochs zu ziehen. Denn das Gründungssystem der Piste sei dreiteilig gewesen: Das waren die oft in Frage gestellten sogenannten CSV-Säulen, dann ein nicht reißendes Geotextil, das darauf lag und die Last auf die verschiedenen Säulen übertragen sollte. Auf diesem Textil wiederum lag eine 1,5 Meter dicke Schicht aus einer Kies- und Betonmischung. Wo bei diesem komplexen System nun der Fehler lag, sei Spekulation, so Pegel. dpa/nd

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