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Stimmgewaltiger

Personalie

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 2 Min.

Jedem, der in Israel Sport verfolgt, ist seine Stimme bekannt: Nun hat der arabische Parlamentsabgeordnete Zuheir Bahloul sie erhoben - aus Protest gegen die Verabschiedung des »Nationalstaatsgesetzes«. Der als Sportkommentator im hebräischsprachigen Fernsehen bekannt und beliebt gewordene Bahloul hat sein Mandat niedergelegt. Denn das Gesetz legt u.a. fest, dass das Recht auf nationale Selbstbestimmung allein dem jüdischen Volk zustehe. Zudem wird Arabisch nicht mehr, wie bisher, zusammen mit Hebräisch Staatssprache sein, sondern nur noch einen »besonderen Status« haben. Praktische Bedeutung hat das nicht, weil bereits seit 1948 gesetzlich vorgeschrieben ist, dass alle amtlichen Kommunikationen auch auf Arabisch ausgefertigt werden müssen, und diese Verwaltungsvorschrift gilt weiterhin.

Der Ärger ist dennoch groß - selbst einige Koalitionsabgeordnete klagen gegen das Gesetz. Der 67-jährige Bahloul, Abgeordneter des von den Sozialdemokraten dominierten Bündnisses »Zionistische Union«, ist nun der erste, der sein Mandat niederlegt: »Das Gesetz unterdrückt mich, und es unterdrückt diejenigen, die mich ins Parlament geschickt haben.« Der dreifache Vater wolle dem »rassistischen, zerstörerischen, extremistischen Parlament« keine Legitimität geben, sagte er in fließendem Hebräisch im Fernsehen.

Während rechte Politiker ausgesprochen zornig reagierten, feiert die Opposition Bahloul als »Bastion der Toleranz« und als »Mensch mit Prinzipien«. Avi Gabbay, Vorsitzender der Zionistischen Union, kündigte zudem an, künftig ein Fünftel der sicheren Listenplätze mit Arabern besetzen zu wollen - dies entspräche dem arabischen Bevölkerungsanteil. Aber auch aus der Wählerschaft rechter Parteien erhält Bahloul Zustimmung: Denn vor allem russische Einwanderer gelten aus religiöser Sicht oft nicht als Juden, wenn sie keine jüdische Mutter haben. »Das Problem mit dem Gesetz ist nicht nur, dass wir Araber das Gefühl bekommen, ausgeschlossen zu sein«, sagt Bahloul. »Auch viele russische Einwanderer fühlen sich zwar als Israelis, aber nicht als Juden.«

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