»Ausgewrungen wie einen alten Lappen«

Mit der Prevent-Gruppe haben auch andere Unternehmen schlechte Erfahrungen gemacht - nicht nur in der Automobilbranche

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Bundesregierung hat sich noch nicht eingemischt in den Zoff um die Neue Halberg Guss, die seit Januar 2018 zur Prevent-Gruppe gehört und deren streikbedingter Stillstand derzeit die Produktion großer deutscher Autofabriken bedroht. Vor zwei Jahren war das anders. Damals sagte die Berliner Politik, man »gehe davon aus und erwarte auch«, dass ein Konflikt zwischen Prevent und VW beigelegt wird, der Bänder in Wolfsburg wochenlang lahmgelegt hatte.

Am Pranger standen damals zwei Zulieferer aus dem sächsischen Vogtland: die ES Automobilguss und der Sitzbezügehersteller Car Trim. Erstere war Ende 2015 von Prevent gekauft worden, letztere im April 2016. Vier Monate später wurden beide zum Spielball im Streit von Prevent und VW. Der Zulieferer erhöhte die Preise, VW weigerte sich, die Lieferungen wurden gestoppt, die Produktion des VW Golf lahmgelegt. VW erwog die Beschlagnahme von Teilen. Erst nach zähen Verhandlungen gab es eine Einigung auf eine, wie es hieß, »neue langfristige Partnerschaft«. Sie hatte für die Firmen in Sachsen aber keinen Bestand. Nachdem VW alternative Lieferanten aufgebaut hatte, erhielten sie laut »Automobilwoche« im Frühjahr 2018 den Laufpass.

Sie wurden damit zu Opfern eines Schlachtplans, dem Prevent immer wieder zu folgen scheint. 2015 hatte man einen Hersteller ebenfalls von Sitzbezügen in Brasilien gekauft und die Lieferungen an VW eingestellt. Folge: 160 Tage Produktionsstopp, 140 000 nicht gebaute Fahrzeuge, Zwangsurlaub. Auf diese Weise hat sich die Gruppe, die der deutsch-bosnischen Unternehmerfamilie Hastor gehört und auch Möbel, Schuhe und Textilien herstellt sowie Banken und Versicherungen betreibt, in den 25 Jahren ihres Bestehens einen sehr eigenen Ruf erarbeitet. Als sie im Sommer 2017 den Küchenhersteller Alno übernahm, schrieb das »Manager Magazin« von einem »Krawall-Zulieferer« und von »Firmenpiraten«, die »härter als Heuschrecken und aggressiver als Aktivisten« seien: »ein Mittelständler, wie ihn die Republik sonst nicht kennt«. Verwiesen wurde auch auf Klagen gegen Daimler. Bei Alno wurden ein Sechstel der Belegschaft gekündigt. Kurz darauf rutschte das seit Jahren kriselnde Unternehmen aber endgültig in die Insolvenz und stellte im September die Produktion ein. Im Frühjahr 2018 gab es einen Neustart - ohne Prevent.

Olivier Höbel, Bezirksleiter der IG Metall für Sachsen, Berlin und Brandenburg, nannte die Firmengruppe einen »Goliath«, der »ausschließlich kurzfristige Maximalprofite« anstrebe und sich dazu mit anderen »Goliaths« wie VW anlege - zum Leidwesen von Betrieben und Belegschaften, auf deren Rücken der Streit ausgetragen wird. Kein Wunder, dass man bei der Neuen Halberg Guss in Leipzig nicht gut auf die neuen Eigentümer zu sprechen ist, die Anfang 2018 klammheimlich das Ruder übernahmen. »Die saugen uns aus und lassen uns fallen wie einen alten, ausgewrungenen Lappen«, sagt ein Beschäftigter. Auf einem Plakat ist in Anspielung auf die Eigentümer zu lesen: »Hastor la vista, ihr Zocker«. Ob die Gießerei den Einstieg von Prevent überlebt, bleibt offen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.