Das ist der Linken Not

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In einer Schule in Großbritannien wird zurzeit über eine sehr wichtige Frage gestritten. Sollen Jungen an heißen Tagen kurze Hosen tragen oder aus Rücksicht auf Transgender Röcke? Die betreffende Bildungseinrichtung hatte, wie auch deutsche Medien vermeldeten, bereits zu Beginn des Schuljahres eine »genderneutrale Schuluniformregelung« eingeführt, die den Schülerinnen und Schülern die Wahl zwischen langen Hosen oder Röcken lässt. Die Entscheidung der Schule folgt dem Trend, Schulen genderneutral zu gestalten, um etwa Transgender-Kindern Toleranz entgegenzubringen. Einige Schuldirektorinnen und -direktoren hätten sich deshalb dazu entschlossen, Röcke auch bei männlichen Schülern zu akzeptieren.

Die Debatte mag für die Mehrheitsgesellschaft skurril erscheinen; angesichts der Tatsache, dass schätzungsweise ein Prozent der Bevölkerung Transgender-Personen sind, ist das Thema aber keine Marginalie. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob Emanzipation, Gleichberechtigung und Toleranz durch Erlasse gefördert werden können. Nach Kant ist Aufklärung der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Kann also der Mensch mündig werden, wenn man ihn für unmündig erklärt, sich selbst zu befreien?

In Deutschland sind wir schon mindestens einen Schritt weiter - in welche Richtung dieser führt, in eine lichte Zukunft oder geradewegs auf den Abgrund zu, ist noch nicht ausgemacht. Hier ist seit 13 Jahren ein Hosenanzug Kanzlerin. Jetzt hat sie möglicherweise in Horst Seehofer ihren Hagen von Tronje gefunden, der sie hinterrücks meuchelt. Für die politische Linke stellt das eine intellektuelle Herausforderung dar, der sie nicht immer gewachsen ist. Man war schon immer für ein Ende der Kanzlerinnenschaft Merkels, ein Einstimmen in den Chor »Merkel muss weg!« heißt aber, das Lied der Rechten zu singen. Das führte die Linke schon immer in die Katastrophe. Nach dem Untergang der liberalen Demokratie, der für die extreme Rechte die erste Etappe auf dem Weg zur Macht ist, werden die eigentlichen Gegner, die Kommunisten, Sozialisten, Sozialdemokraten etc.pp., ins Visier genommen.

In den Nibelungen schien dem Männerbund um Hagen, Dietrich von Bern und den schwachen König Gunther der Mord an Siegfried der einzige politische Ausweg zu sein, um die Wut der Furie Brunhilde zu bändigen. Wir wissen, wie die Sage schließt: Hier hat die Mär ein Ende - das ist der Linken Not. jam Foto: imago/photothek

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