Auf, auf zum fröhlichen Nordeln!
Der Landkreis Vorpommern-Rügen verpasst sich einen neuen Slogan - hat das Kernwort etwa Chancen auf den Einzug in den Duden?
Ich nordele, du nordelst, er sie es nordelt… Werden Kinder in Garz, Grimmen oder Stralsund künftig so das Deklinieren üben? Wird das Nordeln den Schülern und Schülerinnen fortan als treffliches Beispiel für einen aktuellen Neologismus präsentiert, für eine Wortschöpfung? Für die Kreisbehörde Vorpommern-Rügen, der sie zusammen mit zwei Designern schuf, definiert Landrat Ralf Drescher (CDU) »nordeln« so: Das Wort solle beschreiben, was die Menschen jener Region ausmache - sie seien »ehrlich und tatkräftig, wetterfest und bodenständig«.
Doch ehrliche, tatkräftige, wetterfeste, bodenständige Menschen gibt es auch im bayerischen Kreis Altötting oder im nordrhein-westfälischen Kreis Borken. Heißt es dort bald »wir südeln« oder »wir westeln«?
Aber zurück zu den Schulen in Vorpommern-Rügen, vom Deutschunterricht in die Musikstunde. Dort könnte doch nun ein 1724 entstandenes Lied aktualisiert werden, ein Lehrer die Buben und Mädel singen lassen »Auf, auf zum fröhlichen Nordeln!« Das schafft bestimmt mehr Heimatnähe als der alte Aufruf zum fröhlichen Jagen. Und im Kunstunterricht bietet sich die Aufgabe an: »Malt mal, wie ihr nordelt!« Vielleicht pinselt ein pfiffiges Mädchen farbenfroh seine Familie beim Labskausessen, jenem Seemannsschmaus, zu dem Kartoffeln, Rote Bete und Rindfleisch durch den Wolf gedreht werden. Allerdings dürften viele Blätter in der Klasse leer bleiben. Oder?
Und der Duden? In dem altehrwürdigen Wörterbuch, das sich Neuschöpfungen durchaus nicht verschließt, würde das Wort »nordeln«, sofern man es akzeptiert, Platz finden zwischen »Norden« und »Nordenskjöld«. Das war ein Polarforscher, verrät das Nachschlagewerk in einer seiner vertauten Kurzerläuterungen. Aber was soll die Dudenredaktion als kurze Erklärung hinter »nordeln« schreiben?
Warten wir es ab, denn Näheres zum Nordeln sollen zehn noch zu drehende Videospots und ein Imagefilm verraten. Dafür werden rund 12 000 Euro vernordelt.
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