Nur Worte und ein »Do widzenia«

Stephan Fischer über den Umbau der polnischen Justiz

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 2 Min.

»Do widzenia« - Auf Wiedersehen. So kurz verabschiedete sich die Professorin Małgorzata Gersdorf von ihren Studenten und Doktoranden an der Juristischen Fakultät in Warschau. Für sie als Präsidentin des Obersten Gerichts haben die Worte eine tiefer reichende Bedeutung. Mit dem Zwangsruhestand von Richtern am Obersten Gericht, der auch Gersdorf betrifft, und den zu erwartenden Neubesetzungen ist die dritte Stufe der von der PiS angestoßenen »Justizreformen« nach der Kaltstellung des Verfassungsgerichts und der Übernahme der Kontrolle des Landesrichterrats durch Sejm und Präsident gezündet. »Anwälte können nicht schweigen angesichts des Bösen, das sich der polnischen Justiz bemächtigt hat«, gab Gersdorf den Studenten mit. Die jungen Juristen müssten jetzt ran - denn die alten haben nur noch Worte ohne Macht.

Dieser Befund gilt auch für die EU, die in ihrer Machtlosigkeit ein erbärmliches wie mitleiderregendes Bild abgibt. Ein Vertragsverletzungsverfahren - zu mehr kann sich die Kommission angesichts der zu erwartenden Widerstände aus Ungarn, Italien oder Österreich nicht durchringen. Ein Verfahren, als ginge es um unerlaubte Subventionen oder Kältemittel in Klimaanlagen. Rund ein Jahr hat es gedauert, das Justizsystem zu schleifen. Es wiederherzustellen können PiS-Politiker nicht mehr zulassen - ihnen drohte dann die Anklagebank für ihren Kreuzzug gegen die Justiz. Do widzenia, Rechtsstaat.

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