Rauswurf wegen schwarzer Hautfarbe?
Rassismus-Vorwürfe: Virales Video zeigt Polizeikontrolle karibischer Touristen in Fast-Food Restaurant in Berlin
Ist die Anwesenheit einer Gruppe schwarzer Menschen in einem Restaurant ein Grund zur »Beunruhigung?« So sahen es offenbar die Gäste eines Kentucky Fried Chicken (KFC) Restaurants in Berlin. Das Ergebnis war ein Polizeieinsatz zum Rauswurf afrokaribischer Touristen aus der KFC-Filiale am Alexanderplatz.
Es war das Wochenende des Karnevals der Kulturen. Auch eine Gruppe von acht Freunden aus Grenada und Trinidad wollte sich das Spektakel nicht entgehen lassen. Noch am Montagmorgen tanzten sie wie viele andere unbeschwert auf einer der vielen Aftershow-Partys. Wenige Stunden später ist die Gruppe in einer ernsteren Situation. Sie sitzt an einem Tisch der KFC-Filiale am Alexanderplatz, vor ihnen stehen Polizisten. Die Gruppe müsse jetzt gehen, sagen die Beamten - so ist es zumindest auf einem Video zu sehen. Man verzehre nur das gekaufte Essen und habe dafür bezahlt, antworten die schwarzen Touristen wiederholt und ruhig.
Eine Frau aus der Gruppe filmt die komplette Interaktion, »zu unserer Sicherheit« erklärt sie. Dahinter steckt offenbar die Furcht vor der Polizei. In den USA etwa haben Handyvideos von Polizeikontrollen in vielen Fällen Übergriffe von Polizeibeamten dokumentieren können, die Frau erhofft sich offenbar Schutz durch die Kamera. Immer wieder fordern die Beamten die Gruppe unnachgiebig auf, das Filmen zu unterlassen und das Lokal zu verlassen, mit dem Pfefferspray in der Hand. »Ich kenne meine Rechte«, beschwert sich eine Frau aus der Gruppe, als diese den Beamten aus dem Lokal folgt. Vor der KFC-Filiale erklärt sie, nun gehen zu wollen. Der Polizist jedoch will die Personalien kontrollieren und »die Situation klären«.
»Das ist einfach rassistisch«, empört sich die Frau und veröffentlichte das Video auf Facebook. Dort wurde es 260 000 Mal angesehen und kommentiert. Zunächst vor allem von Nutzern aus der karibischen Community. Auffällig dabei: die Empörung auf afrokaribischer Seite und dass sich viele anscheinend deutsche Nutzer formal auf das Hausrecht berufen und keinen Rassismus erkennen können. »Wir haben gelacht und geredet, wie andere Menschen im Restaurant auch, ein Mitarbeiter hat uns dann aufgefordert, ruhig zu sein«, erklärte die Urheberin des Videos einem Journalisten aus Grenada. Die Gruppe sei als einzige aufgefordert worden still zu sein und sie seien als einzige im Restaurant schwarz gewesen, rassistische Schmähungen habe es jedoch nicht gegeben. Der Vorwurf eines KFC-Mitarbeiters, mit Essen geworfen zu haben sei »eine Lüge«.
Man habe der sich »lautstark« unterhaltenden Gruppe »ruhig« die polizeiliche Maßnahme erklärt und sie aus dem Laden geleitet, erklärte die Polizei dem »nd«. Anders als KFC will die Polizei aber Strafantrag stellen, wegen des Filmens der Interaktion, dies verletze die informationelle Selbstbestimmung der Beamten. Den »Vorwurf des Rassismus« weise man entschieden zurück. Einige Besucher des Restaurants hätten sich durch das »unverhältnismäßig laute« Verhalten der Gruppe »beunruhigt« gefühlt, erklärt KFC dem »nd«.
Diskriminierung funktioniere auch ohne Intention, unterbewusst eben, sagt Tahir Della von der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD). Schwarze Menschen würden durch solche Kontrollen eingeschüchtert. KFC und die Polizei hätten auch anders handeln können.
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