Wiederaufbau erst bei politischer Lösung
UN rechnen bei Geberkonferenz für Syrien mit Hilfszusagen in Milliardenhöhe
Es ist schon die dritte Geberkonferenz in diesem Jahr zu einem Krisenherd im Nahen Osten. Nach Gaza und Jemen war Brüssel nun der Platz, an dem zwei Tage lang Geld für Opfer des syrischen Krieges eingeworben wurde. Aufgerufen hatten dazu die EU und die UNO. Deren UN-Nothilfekoordinator, der Brite Mark Lowcock, zeigte sich am Mittwochnachmittag zufrieden.
Er dankte besonders Deutschland, der EU und Großbritannien, auf die der Löwenanteil der bis dahin zugesagten 3,6 Milliarden Euro entfällt. Bundesaußenminister Heiko Maas hatte eine Milliarde Euro an Hilfen für Syrien-Opfer angekündigt. »Allein in Syrien«, so Maas laut epd, »sind nach wie vor mehr als 13 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Millionen, die nach Jordanien, Libanon und in die Türkei geflohen sind, brauchen weiter Unterstützung und Zukunftsperspektiven in ihrer Heimatregion.«
Der Präsident des UN-Welternährungsprogramms, der US-Amerikaner David Beasley, lobte die Geberkonferenz, besonders Berlin, sagte aber auch deutlich: »Es kostet uns 50 Cent am Tag, einen Syrer in Syrien oder in der Region zu ernähren.« Wenn dieser Syrer aber nach Deutschland flüchte und dann dort untergebracht und versorgt werden müsse, koste dies rund 50 Euro pro Tag.
Maas betonte ebenfalls, es gehe darum, das »unerträgliche Leid der Menschen in Syrien« und das der Flüchtlinge in den Nachbarländern zu lindern. In diesem Zusammenhang sprach er davon, dass sich Berlin auch bemühen wolle, den Verhandlungsprozess wiederzubeleben. Ohne einen Waffenstillstand als Ausgangspunkt für eine politische Lösung der Syrien-Frage sei an einen Wiederaufbau nicht zu denken. Dieser käme außerdem nur unter UNO-Schirmherrschaft in Betracht. Allerdings schlug Maas dabei ebenso wie die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini politische Pflöcke ein. Ohne dies wörtlich so auszudrücken, machten beide den Sturz von Syriens Präsident Baschar al-Assad zur Vorbedingung für EU-Investitionen in Syrien.
Ohnehin war auf Betreiben der EU kein Vertreter der syrischen Regierung nach Brüssel eingeladen worden. Russlands UN-Botschafter kritisierte das. »Das ist ein Fehler«, sagte Wladimir Tschischow in Brüssel. Mogherini warnte Iran und Russland davor, langfristig an Assad festzuhalten.
Trotz dieser Plänkeleien soll es am heutigen Donnerstag in Paris eine weitere Syrien-Konferenz geben - dazu, wie Russland und die westlichen Staaten zum Thema Syrien wieder in einen Verhandlungsmodus kommen wollen. Den hatte es gegeben, solange der US-Außenminister noch John Kerry hieß. Dieser hatte mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow nicht nur einmal zu Syrien verhandelt. Damit ist es vorbei, seit im Weißen Haus Donald Trump das Regiment führt. In Paris sollen auch Vertreter aus arabischen Staaten zugegen sein.
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