Schneller Draht zum Himmel
Mecklenburg-Vorpommern: Hobbyfunker suchen Nachwuchs - und hoffen auf Weltmeisterschaft in Sachsen-Anhalt
»Handy kann jeder. Amateurfunk aber ist handgemacht und weckt besondere Glücksgefühle, wenn man im Rauschen die Signale erkennt«, sagt Matthias Labude. Er ist Gemeindepädagoge in der Domgemeinde zu Schwerin in Mecklenburg-Vorpommern. Einmal im Monat schart er technikinteressierte Kinder und Jugendliche um sich und sucht über den Äther Kontakt. Die Antenne ist 40 Meter lang und unter dem Dach des Längsschiffes gespannt. Die Funkstation befindet sich im Kapitelsaal des Doms. Da liegt der Titel des Treffs recht nahe: »Der Draht zum Himmel - Im Dom funkt's«.
Nicht jeder hat aber eine solch exklusive Funkstation mit dem besonderen Draht. Die große Mehrzahl der aktuell 535 Funkamateure in Mecklenburg-Vorpommerns übe ihr Hobby zu Hause aus, sagt der Landesvorsitzende des Deutschen Amateur Radio Clubs (DARC), Franz Berndt. Nach seinen Angaben beträgt das Durchschnittsalter der Mitglieder inzwischen 54 Jahre. Junge Leute seien immer schwerer für das Hobby zu begeistern, konstatiert er.
Das liege nicht daran, dass Amateurfunk etwa langweilig sei, meint Berndt. »Man eignet sich technische Fertigkeiten an und findet weltweit Kontakt. Das ist doch extrem spannend.« Doch das Freizeitangebot sei heute kaum noch zu überblicken. Und gerade die junge Generation verbringe sehr viel Zeit vor dem Computer oder am Handy mit Spielen. »Das merken nicht nur wir, sondern auch Angel- und Sportvereine oder das DRK«, berichtet Berndt.
Aufmerksamkeit für sein Hobby erhofft er sich von der Funkweltmeisterschaft, die in diesem Jahr in Deutschland stattfindet. Gastgeber sind im Juli Jessen und Wittenberg in Sachsen-Anhalt. »Wettbewerbe gehören unbedingt dazu. Auf der Jagd nach den meisten Kontakten oder der weitesten Funkentfernung wird man erfinderisch. Amateurfunk ist Experimentalfunk«, sagt Berndt, der für sein Hobby auch schon um den Globus reiste.
Unter den 27 DARC-Ortsvereinen in Mecklenburg-Vorpommern kommt dem in Greifswald/Gützkow eine besondere Rolle zu. Bei Krisen- oder Katastrophenfällen kann der Landkreis Vorpommern-Greifswald auch auf Kommunikationsmöglichkeiten der Funkamateure zurückgreifen. Dazu wurde jüngst eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Hilfe der Amateurfunker wäre etwa erforderlich, wenn durch Stromausfall Internet und Telefon als Kommunikationswege nicht mehr funktionieren. Der Ortsverband in Greifswald ist mit 56 Mitglieder einer der größten im Nordosten.
Doch kann nicht jeder, der Interesse hat, sich Technik anschaffen und drauflos funken. Dafür sei eine fundierte Ausbildung mit abschließender Prüfung nötig, sagt Matthias Labude. »Das ist für manchen schon eine Hürde. Doch wenn man erstmal Feuer gefangen hat, lässt einen das nicht mehr los«, berichtet der Gemeindepädagoge, der gern als Funker auf See gefahren wäre, es in der DDR aber nicht werden durfte, aus eigener Erfahrung. Nun versucht er, sein Wissen und seine Fertigkeiten an Jüngere weiterzugeben und hofft, dass es unter dem Kirchendach auch bei den Schülern funkt. dpa/nd
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