Im Café Sibylle gehen die Lichter aus

Am Sonnabend schließt das Traditionslokal - ohne Zuschuss vom Bezirk kann der Betreiber die Miete nicht tragen

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Leuchtschrift am Café Sibylle gehört seit den 1960er Jahren zur Karl-Marx-Allee. Das Lokal selbst war entstanden, als der neue Boulevard noch Stalinallee hieß. 1953 war es als Milchtrinkhalle eröffnet worden. Doch nach 65 Jahren, am Ostersonnabend, ist wohl nun Schluss.

»Sibylle«-Geschäftsführer Uwe Radack ist sauer. »Wir schließen am Sonnabend, und zwar endgültig«, sagt er dem »nd« am Mittwoch. Nachdem der Untermietvertrag mit dem inzwischen insolventen Berufsbildungsträger BUF, der gegenüber dem Hauseigentümer Predac als Hauptmieter auftritt, nicht über den 31. März verlängert wurde, hatte er seinen sieben Mitarbeitern gekündigt. Dennoch hatten Radack und sein Partner Peter Schröder auf Hilfe vom Bezirk gehofft. Der Geschichtswerkstatt der BUF gehört die im Café gezeigte Ausstellung zur Geschichte der Stalinallee, und die hatte der Bezirk gefördert. In einer Mitteilung seiner Betreiberfirma Krea verweist Radack darauf, dass 2000 Sympathisanten per Unterschrift an die Bezirksbürgermeisterin appelliert haben, eine Onlinepetition der Künstlerin Ute Donner fand bislang fast 2300 Unterstützer. Dennoch schreibt er: »Die Krea GmbH und ihr Café Sibylle Team müssen leider mitteilen, dass alle Bemühungen für eine Fortsetzung des Café Sibylle endgültig gescheitert sind.«

Uwe Radack sieht die Schuld am Scheitern beim Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, dort sei man am Erhalt des Café Sibylle letztlich nicht interessiert. Der zuständige Bezirksstadtrat habe ihm im Gespräch erklärt, dass der Bezirk nicht für die Miet- und Betriebskosten eines privat betriebenen Cafés aufkommen könne. »Der Bezirk will noch nicht einmal die Kosten für die Ausstellung, die 80 Quadratmeter belegt, oder deren dringend nötige Erneuerung, tragen«, sagt er. »Und die Mietvorstellungen des Eigentümers Predac sind für uns illusorisch, die wären unser Aus.« Am bittersten ist für Betreiber und Freunde des Traditionscafés, dass die Bezirksverordnetenversammlung am 21. März das Bezirksamt per Beschluss aufgefordert hatte, sich für »den Erhalt und die langfristige Sicherung« einzusetzen. Im Gespräch mit dem Insolvenzverwalter der BUF und der Krea sollte eine Verlängerung des Mietverhältnisses angestrebt werden. Bei einem Scheitern sollte das Amt die Krea bei der Anmietung der Räumlichkeiten bei der Predac unterstützen beziehungsweise selbst in das Mietverhältnis eintreten, hieß es.

Bezirksstadtrat Knut Mildner-Spindler (LINKE) klingt zerknirscht. Er bedauere, dass man die Schließung nicht habe abwenden können, sagt er dem »nd«. Am Ende hätten sich aber Eigentümer und Radack nicht über die Miethöhe einigen können. Mildner-Spindler sieht aber weiterhin Chancen für den Erhalt von Café und Museum. »Seit Freitag liegen mir Angebote von zwei Vereinen vor, die anstelle der BUF in den Mietvertrag eintreten würden«, sagt er. Beide wären unabhängig voneinander willens und auch befähigt, sowohl das Museum zu erhalten, als auch mit dem bisherigen Café-Betreiber zusammenzuarbeiten. Er habe alle Interessenten zum Gespräch aufgefordert.

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