Lilly packt den Koffer

In den Sophiensaelen spielt sich allerhand auf dem »Hundeplatz« ab

  • Lucía Tirado
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein Hund hätte sie gerettet, aus einem seelisch tiefen Loch gezogen, sagt Maika Knoblich. Darauf gründe sich ihre Liebe zu den Vierbeinern. Zusammen mit Hendrik Quast entwickelte sie eine Performance, die den großen Saal der Sophiensaele in einen »Hundeplatz« verwandelt. Dementsprechend sportlich sieht es dort aus. Das Publikum sitzt rings um die Übungsfläche. Am Rand finden sich Boxen, in denen die Tiere geduldig warten, wenn sie nicht arbeiten. Und sie arbeiten gern. Für Belohnung, versteht sich. Will doch jeder haben.

Was die Partnerschaft zwischen Mensch und Tier auszeichnet und ob sich Parallelen zu zwischenmenschlichen Beziehungen herstellen lassen, das sind die Fragen des Abends, für den Quast und Knoblich nach ihren Recherchen die Hundebesitzerinnen Ayline Hrymon, Caro Zeidler und Katrin Schmidt samt ihrer Tiere verschiedener Rassen für ihr künstlerisches Projekt einluden. Ungewöhnlich ist das für sie nicht. Die Alltagswelt machen sie oft zum Thema.

Der Hundeplatz ist Ort kleiner Geschichten. Quast gibt sich völlig verklemmt, als er ihn betritt. Ihm falle es schwer, Gefühle zu zeigen, räumt er ein. Als die Hunde ihn berühren, taut er merklich auf. Die besten Freunde des Menschen zeigen, was sie können. Zwei wesentliche Sätze stellt Knoblich als Voraussetzung für den Erfolg des Lernprozesses voran. »Du kannst mir vertrauen.« Und: »Bis hierhin und nicht weiter!«

Lässt sich das auf menschliche Beziehungen übertragen? Na sicher, da kommt es her. Allerdings veränderte sich das Sozialverhalten des Menschen im Laufe der Zeit, während Hunde ihres beibehielten. Das ist deutlich. Es wird nicht ausdrücklich gesagt, doch an diesem Abend können Menschen viel lernen oder sich an Wesentliches erinnern. Einiges ist abhandengekommen.

Das hier demonstrierte Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Canis lupus familiaris beeindruckt. Ebenso die ungeteilte Aufmerksamkeit der Tiere für ihre Trainerinnen, die in leisem Ton freundlich Anweisungen geben. Menschen gehen mitunter längst nicht so behutsam miteinander um.

Spielerisch geht es zu. Die Tiere umrunden auf Befehl ihre Trainerinnen, stellen sich mit den Hinterbeinen auf deren Füße und laufen mit. Fröhlich überwinden sie einen Parcours mit schnell gebauten Hindernissen, wickeln ein »Gespenst« aus und dürfen kuscheln. Wenige Utensilien sind nötig. Die meisten hat Quast, als es heißt, er müsse verreisen. Ein Koffer liegt bereit. Die Tiere sollen Sachen, die er braucht, dorthin schaffen.

Das klappt nicht immer. Die Russel-Terrier-Hündin Lilly zeigt sich als zuverlässigste Helferin, packt letztlich noch die Zahnbürste ein. Lustig konzipiert ist eine Restaurant-Szene, in der es darum gehen soll, Bedürfnisse zu erkennen. Hier spielt Quast herrlich die lustlose Kellnerin, während die Tiere erwartungsfreudig an kleinen Tischen ausharren und dann zeigen, dass sie ihr Dessert durchaus allein auspacken können.

Was Knoblich und Quast allerdings dazu gebracht hat, etwas darzustellen, was den Hunden hier strengstens untersagt ist, lässt sich schwer sagen. Quast soll seine im Koffer befindlichen Sachen mit Urin markieren. Ein Tropfen reiche, wird gesagt. Da drückt er nun und drückt. Nichts passiert über gefühlte 30 Minuten. Wer will das denn sehen? Am Ende wird mit viel Geschrei gespielt noch ein Welpe zur Welt gebracht. Das muss der Mann übernehmen. Keine schlechte Idee.

Nächste Vorstellungen: 24. und 25. März, Sophiensaele, Sophienstraße 18, Mitte

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