Fieberhafte Zoll-Diplomatie

EU-Vertreter wollen in USA Ausnahmen erreichen / Washington plant weitere Maßnahmen gegen China

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 2 Min.

Die USA nehmen im Handelsstreit weitere Stahlprodukte ins Visier: Das US-Handelsministerium billigte Anti-Dumping-Maßnahmen gegen den Import von Stahlseilen aus Italien, Spanien, Großbritannien, Südkorea und der Türkei. Diese Länder hätten ihre Produkte in den USA unter Wert verkauft, erklärte das Ministerium. Geht es hier um geringe Importe im Umfang von zuletzt 160,4 Millionen Dollar, denkt Trump Berichten zufolge bereits über neue Zölle für China in Höhe von 30 bis 60 Milliarden Dollar nach. Mit den Maßnahmen würden chinesische Investitionen eingeschränkt und Sanktionen gegen chinesische Unternehmen verhängt, die in den USA Geschäfte tätigen wollen.

Die Bemühungen spiegeln Trumps Überzeugung wider, dass chinesische Staatsfirmen geistiges Eigentum aus den USA stehlen und amerikanische Unternehmen aufkaufen, um so Chinas militärische und technologische Wettbewerbsfähigkeit sowie Produktion zu stärken. Die USA hatten 2017 ein Handelsdefizit von 375 Milliarden Dollar mit China. Das Weiße Haus soll gegenüber chinesischen Vertretern gesagt haben, dass die Maßnahmen wirksam werden, wenn Peking seine Wirtschaft nicht breiter für US-Unternehmen öffnet. Diese müssen sich bisher mit chinesischen Firmen zusammenschließen, wenn sie im bevölkerungsreichsten Land der Welt tätig sein wollen.

Während nur China unter den neuesten Maßnahmen von Trump leiden würde, richten sich die angekündigten Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahl und 10 Prozent auf Aluminium auch gegen Europa. Gemessen am Wert des verkauften Stahls in Höhe von 6,6 Milliarden Dollar ist die EU der größte Lieferant. Daher streben Vertreter aus Europa kurz vor Inkrafttreten der Zölle an diesem Freitag weiter eine komplette Ausnahmeregelung für die 28 EU-Länder an. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström führte am Dienstag und auch am Mittwoch in Washington Gespräche mit Regierungsvertretern. Weiterhin steht die Drohung von Gegenzöllen gegen US-Produkte in gleichem Umfang im Raum. Auch der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte in den vergangenen Tagen in Washington US-Handelsminister Wilbur Ross und den Handelsbeauftragten Robert Lighthizer getroffen. Im Internetdienst Twitter sprach er am Dienstagabend von »guten Gesprächen« und erklärte: »Einigung ist möglich, wenn wir wollen!« Das Thema Handelsbeziehungen wird auch den bevorstehenden EU-Gipfel in Brüssel beschäftigen.

Derweil wächst die Kritik auch von US-Unternehmen gegen die Zölle, besonders von solchen, die selbst viel Stahl verbrauchen und vor Kostensteigerungen stehen. »Wir werden wahrscheinlich unsere Preise erhöhen müssen«, erklärte Jeff May, Chef des Maschinenherstellers Kolberg-Pioneer. »Gegenüber unseren ausländischen Konkurrenten werden wir wegen des teureren Stahls wirklich im Nachteil sein.« Mit Agenturen

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