Aus Pilotprojekt wird ein Regelfall
Verbände begrüßen geplante Verankerung der Gemeinschaftsschule im Schulgesetz
Der Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Tom Erdmann, hat die Ankündigung von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) begrüßt, die Gemeinschaftsschule als eine mögliche Schulform in Berlin gesetzlich verankern zu wollen. »Endlich hat die Politik unserer Forderung nach der Ankerkennung der Gemeinschaftsschule als reguläre Schulform im großen Umfang Rechnung getragen«, sagte Erdmann dem »nd«. Den Gemeinschaftsschulen gelinge es von allen Schulformen am besten, den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft zu entkoppeln. »Die wissenschaftliche Evaluation hat den Erfolg des Modells hinsichtlich Lernen und Inklusion längst bestätigt. Schön, dass auch Frau Scheeres das jetzt anerkennen will«, sagte Erdmann weiter.
Nach zehn Jahren Schulmodellversuch soll die Gemeinschaftsschule nach dem Willen der Bildungssenatorin gesetzlich verankert werden. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf wolle sie dem Senat und dem Rat der Bürgermeister schnellstmöglich zur Prüfung vorlegen, hatte Scheeres Anfang der Woche verkündet. Den Schritt begründete die Bildungssenatorin mit dem Erfolg der Schulform. »Der Abschlussbericht im März 2016 bestätigt, dass die Gemeinschaftsschulen ganz überwiegend den Herausforderungen zur Gestaltung eines stark mit innerer Differenzierung arbeitenden Unterrichts gerecht werden«, sagte Scheeres. Es sei daher überaus positiv, dass die Schulen künftig ins Schulgesetz aufgenommen werden.
Unterstützung für den Schritt kam auch vom Elternnetzwerk Berliner Gemeinschaftsschulen (EBG). »Die Verankerung der Gemeinschaftsschule als schulstufenübergreifende Schulart im Schulgesetz ist ein wichtiges politisches Signal«, sagte EBG-Sprecherin Carola Ehrlich-Cypra dem »nd«. Mit dem Bekenntnis zur Gemeinschaftsschule würde die Bildungssenatorin die Leistungen der Pädagogen und der Schüler würdigen. »Endlich besteht Rechtssicherheit. Ich bin mir sicher, dass jetzt die Zahl der Gemeinschaftsschulen in Berlin steigen wird«, so Ehrlich-Cypra. Auch die bildungspolitische Sprecherin der LINKEN, Regina Kittler, geht von zukünftigen Neugründungen von Gemeinschaftsschulen aus. »Ich sehe nun den Weg für die Gründung neuer Gemeinschaftsschulen offen, sowohl aus Bestandsschulen heraus als auch unter den neu zu bauenden Schulen.« Im Schuljahr 2008/2009 war die Gemeinschaftsschule in Berlin mit dem Anspruch in die Testphase gestartet, mehr Chancengerechtigkeit durch längeres gemeinsames Lernen und individuelle Förderung der Schüler zu schaffen. In den derzeit bestehenden 26 Gemeinschaftsschulen lernen die Kinder und Jugendlichen von der ersten bis zur zehnten Klasse gemeinsam. Einige dieser Schulen verfügen zudem über gymnasiale Oberstufen, in der das Abitur in 13 Jahren absolviert werden kann. Andere Gemeinschaftsschulen ohne gymnasiale Oberstufen haben Kooperationen mit entsprechenden Sekundarschulen in der Nähe geschlossen, in denen die Gemeinschaftsschüler bevorzugt aufgenommen werden.
Neben der Aufnahme von Gemeinschaftsschulen plant Scheeres weitere Änderungen am Berliner Schulgesetz. So sollen in Zukunft alle Berliner Schulen sogenannte pädagogische Krisenteams benennen, die der Gewaltprävention dienen sollen. Zudem soll im Schulgesetz geregelt werden, dass Geflüchtete zum Beginn ihres Deutschunterrichts keine Noten bekommen müssen. Stattdessen soll es für sie eine Erläuterung ihrer bisherigen Leistungen auf dem Zeugnis geben. Das überarbeitete Schulgesetz soll im September im Abgeordnetenhaus debattiert werden.
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