Große Pläne in kleinen Kreisen

Nicht alle wollen die Zukunft Bremens im Geheimen planen

  • A.Cäcilie Bachmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Die von Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) einberufene Kommission »Zukunft Bremen 2035« arbeitet seit rund einem Jahr hinter verschlossenen Türen und soll im kommenden Herbst ihre Ergebnisse präsentieren.

Aber nun sind die Handelskammer der Hansestadt und anschließend die Arbeitnehmerkammer Bremen vorgeprescht mit eigenen Strategiepapieren für die zukünftige Entwicklung des kleinsten Bundeslandes. Damit setzt sich fort, was gleich nach Sielings Ankündigung seiner Idee und seinen Vorstellungen zu deren Umsetzung geschah: Es hagelte Kritik, gab Änderungsvorschläge - und Unmut über deren konsequentes Ignorieren durch den Initiator Sieling.

Sonst eher als »Leisetreter« im Hintergrund bekannt, schwang sich Sieling in Sachen Visionsfindung zu bis dato unbekannter Chefmanier auf und setzte seinen Plan durch. Er hatte klare Vorstellungen über das Prozedere, nämlich streng strukturierte und gut vorbereitete Gruppensitzungen zu den Themenfeldern Infrastruktur, Stadtentwicklung und Qualifizierung. Handverlesen werden die Mitglieder zu den jeweiligen Gruppen ausgesucht. Es wird nicht öffentlich getagt und über die Inhalte geschwiegen. Die, die es betrifft, nämlich die Bevölkerung, bekommen keine Informationen.

Das hat zu viel Unmut geführt. Doch nun hat sich gezeigt, dass nicht alle nach des Bürgermeisters Pfeife tanzen müssen oder wollen und offensichtlich auch nicht die Geduld aufbringen können oder wollen für die bewusst langwierige Prozedur. Die Handelskammer sowie die Arbeitnehmerkammer wollen sich profilieren und ihre Vorstellungen darlegen. Denn noch im März beginnt die nächste Runde der Gruppensitzungen. Schließlich ist der Titel des fast zweijährigen Sitzungsreigens ernst gemeint, das entstehende Papier tatsächlich für die Zeit bis 2035 als Grundlage für politisches und Verwaltungshandeln gedacht.

Also hat die Handelskammer Ende vergangenen Jahres ein Papier vorgelegt und dabei »kräftig auf den Tisch gehauen«. Bremen solle endlich seine Stärken offensiver in die Welt posaunen, und zwar auf allen Kanälen. Gemeint sind unter anderem die Häfen, die Luft- und Raumfahrtbranche sowie die Technologieforschung.

Die gepflegte hanseatische Zurückhaltung bringe kein Wachstum, so der Handelskammer-Präses. Aber das brauche Bremen dringend, und zwar in Sachen Bevölkerung. Zunehmend wandern Menschen mit guter Ausbildung und gutem Einkommen ab, während die Armutszuwanderung steigt. Außerdem müsse Bremen im Bereich Bildung und Wissenschaft glänzen. Eine kühne Forderung - trägt die Hansestadt doch die rote Laterne, werden Eckwerte im Bildungsbereich verglichen.

Die Arbeitnehmerkammer betont die Bedeutung der beruflichen und akademischen Bildung, der Aus- und Fortbildung und fordert die Schaffung der nötigen Infrastruktur sowie die Abschaffung kostenpflichtiger Master-Studiengänge. Und sie will deutlich mehr Geld mit dem Hinweis auf die ewige Konkurrenz Hamburgs, wo 1000 Euro mehr pro Schüler ausgegeben würden.

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