• Politik
  • Gewalt gegen Geflüchtete

Rassistischer Angriff auf Schwangere in Wurzen

Erneute Attacke auf Geflüchtete in der sächsischen Kleinstadt

  • Niklas Franzen
  • Lesedauer: 3 Min.

Und wieder einmal Wurzen. Aus der sächsischen Kleinstadt sind erneut rassistische Angriffe gemeldet worden. Danach attackierten zwei Vermummte eine schwangere Frau am Freitagabend vor ihrem Wohnhaus in der Schillerstraße. Die Angreifer schlugen die 19-Jährige aus Eritrea und traten ihr in die Kniekehlen, wie die Polizei bestätigte. Das Opfer wurde dabei leicht verletzt und musste ärztlich behandelt werden. Nun laufen Ermittlungen.

Laut dem »Netzwerk für Demokratische Kultur« aus Wurzen habe die Frau erklärt, dass die Angreifer sie rassistisch beschimpft hätten. Die Polizei kann sich zu dem Tatmotiv bisher nicht äußern, hat aber Ermittlungen durch den Staatsschutz eingeleitet. Eine »politische oder rassistische Tatmotivation« könne erst ausnahmslos zum Ende der Ermittlungen festgestellt werden, erklärte die Polizeidirektion Leipzig auf Nachfrage des »nd«.

Vor dem selben Wohnhaus kam es in der Nacht vom 16. auf den 17. Februar zu einer Auseinandersetzung zwischen einem Eritreer und einem Deutschen. Beide trugen Verletzungen an Gesicht und Händen davon. Auch zu den Hintergründen in diesem Fall konnte sich die Polizei bislang nicht äußern. Allerdings: Die jüngsten Angriffe stehen in einer Reihe von rechten Übergriffen auf Geflüchtete in der Stadt im Muldental.

Am 12. Januar jagten rechte Jugendliche eine Gruppe von Geflüchteten durch die Stadt. Als sich diese sich zur Wehr setzten, stürmten die Rechten mehrere Wohnungen und schlugen auf Bewohner*innen ein. Der Fall machte bundesweit Schlagzeilen. Antifaschistische Gruppen organisierten daraufhin eine Demonstration. Bewaffnete Neonazis versuchten die Demonstration anzugreifen. Zudem sollen Rechte zweimal das Auto des LINKEN-Stadtrats Jens Kretzschmar manipuliert haben.

Auch im vergangenen Jahr kam es zu Übergriffen, bei denen mehrere Wohnhäuser von Geflüchteten angegriffen wurden. »Die Angst ist sehr groß«, sagt Martina Glass vom »Netzwerk für Demokratische Kultur« dem »nd«. Viele Geflüchtete seien nach Attacken aus der Stadt weggezogen. Die Taktik der Neonazis scheint aufzugehen.

Die west-sächsische Stadt hat seit vielen Jahren eine gut organisierte rechte Szene. In einem Blogbeitrag schreibt das Bündnis »Irgendwo in Deutschland«: »Wurzen ist seit Jahren eine Hochburg rassistischer Bewegungen und organisierter Nazistrukturen und war bereits in den 1990er Jahren bekannt als eine sog. No-Go Area.« Wurzener Neonazis sollen auch maßgeblich an dem Angriff auf das alternative Leipziger Wohnviertel Connewitz im Januar 2016 beteiligt gewesen sein. Laut dem »Netzwerk für Demokratische Kultur« setzen Nazis nun auch verstärkt auf Jugendarbeit in der Stadt.

Laut Glass sei es ein großes Problem, dass nur wenige Wurzener offen Widerstand gegen die Nazis leisten würden. Sie fordert: »Es muss hier dringend was passieren – und zwar schnell.«

Lesen Sie auch: Mehr als 2200 Angriffe auf Flüchtlinge im Jahr 2017.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.